Mittwoch, 4. September 2024

Sprachförderklassen: Das ist die Meinung unserer Leser

Die aktuelle Diskussion zu Sprachförderklassen für Kinder, die kein Deutsch können, aber deutsche Schulen besuchen, beschäftigt auch die STOL-Leser. Die Fragen, die alle antreiben: Wie kann eine qualitativ hochstehende deutsche Schule garantiert bleiben, wie können gleichzeitig Kinder gefördert werden, die kein Deutsch sprechen? Hier die Meinungsbeiträge der STOL-Leser.

Es geht um die Kinder: Wie können sie am besten gefördert werden? Der Vorschlag der Goetheschule wurde vom Schulamt abgelehnt. Wie finden Sie das? Sie können Ihre Meinungsbeiträge bis Freitag einsenden. - Foto: © dpa-tmn / Marcel Kusch

Erfahrung aus Heidelberg: „Besser geht es nicht“

Das Modell der Sprachförderklassen hat sich bei uns in Baden-Württemberg sehr bewährt. In den VKL-Klassen werden Schüler ohne Deutschkenntnisse gemeinsam unterrichtet. Zugleich ist jedes Kind einer „normalen“ Klasse zugeordnet. Mit der Entwicklung der Deutschkenntnisse steigt der Anteil der Unterrichtsstunden in der Normalklasse.

Ich bin Urgroßvater von Kindern, die vor einem Jahr ohne Deutschkenntnisse aus Polen zu uns nach Heidelberg umgezogen sind. Ihr Deutsch ist inzwischen auf Normalstandard. Besser geht es nicht.

Dr. Wolfgang Wagner, Heidelberg

---------------------------------

Erfahrung aus Spanien: „Kinder deutscher Muttersprache benachteiligt“

Meine Kinder haben die deutsche Schule in Spanien besucht. Dort war es Voraussetzung, dass die Kinder 3 Jahre deutschen Kindergarten besuchen und dass ein Mitglied der Familie oder ein Au-pair-Mädchen mit dem Kind Deutsch spricht. Außerdem gab es bereits im Kindergarten DAM- (Deutsch als Muttersprache) und DAF- (Deutsch als Fremdsprache) Gruppen. Dasselbe gab es auch für den Spanischunterricht. Die anderen Fächer haben in Deutsch stattgefunden. DAM und DAF gab es bis zum Abitur. Es wurde erkannt, dass die Kinder deutscher Muttersprache benachteiligt werden, wenn der Deutschunterricht gemeinsam mit Kindern stattfindet, die Sprachdefizite haben. Vielleicht kann dieses Modell als Lösung zum Wohle der Schüler und Lehrpersonen sein.


Andrea Waldthaler Quiroga

---------------------------------

Solidarität für Direktorin der Goetheschule

Ich darf der Direktorin der Bozner Goetheschule, Christina Holzer, meine volle Solidarität aussprechen. Sie versuchte, das Sprachproblem an der Schule mit viel Hausverstand und Pragmatismus zu lösen, wurde jedoch im letzten Moment zurückgepfiffen.

Die Landesschuldirektion sollte sich der gravierenden Situation in den Städten endlich bewusst werden; diese Probleme lassen sich nicht einfach weglächeln.

Landesrat Achammer und Landeshauptmann Kompatscher versagen wie immer bei diesem Problem!

Auch Parteiobmann Dieter Steger und der politische Landessekretär Harald Stauder wurden bei ihrer Feuertaufe bereits das erste Mal richtig gefiedert, obwohl die Parteilinie grundsätzlich richtig wäre.

Der Schaden, den die derzeitige Landesregierung anrichtet, wird erst in 15 bis 20 Jahren sichtbar werden, wenn diese Kinder in die Berufswelt eintreten.

Was die Faschisten nicht geschafft haben, erledigen nun die Kinder unserer neuen Mitbürger: Die deutsche Sprache und Kultur wird in den Südtiroler Städten und Ballungszentren zu Grabe getragen!

Wenn wir uns den Problemen nicht stellen, lassen wir weiter fleißig Wasser auf die Mühlen der radikalen Kräfte im Lande fließen und werden bald in thüringischen Verhältnissen landen.

Es ist an der Zeit, dass wir für den Erhalt unserer Kultur und Identität eintreten und die notwendigen Schritte unternehmen, um eine gerechte und zukunftsfähige Bildungslandschaft zu schaffen.

Lassen Sie uns gemeinsam für eine Schule kämpfen, die die Vielfalt unserer Gesellschaft respektiert, ohne unsere Wurzeln zu verleugnen!

Mit entschlossenen Grüßen

Thomas Rauch

---------------------------------

„Hochpolitische Themen“

Die Idee, eine Sprachförderklasse an der Goetheschule einzurichten, in der alle Schüler ohne Deutschkenntnisse gemeinsam starten, mag auf den ersten Blick als sinnvolle pädagogische Maßnahme erscheinen. Es ist jedoch naiv, diese Entscheidung als rein pädagogisch und unpolitisch darzustellen. Die Zusammensetzung von Schulklassen und die Art und Weise, wie Sprachförderung organisiert wird, sind hochpolitische Themen, die tief in gesellschaftliche und kulturelle Fragen eingreifen.

Indem man diese Klasse als unpolitisch bezeichnet, ignoriert man die Tatsache, dass solche Maßnahmen immer auch ein Zeichen an die Gesellschaft senden. Ein Modell, in dem Kinder getrennt und nach Sprachkenntnissen sortiert werden, könnte den Eindruck erwecken, dass Integration und Durchmischung nicht gewollt oder sekundär sind. Dies ist ein problematisches Signal, da Integration von Kindern mit Migrationshintergrund und ihre Teilnahme an einer gemeinsamen Schulerfahrung entscheidend für ihren sozialen und schulischen Erfolg sind.


Maila Kerner

---------------------------------

„Enttäuscht von der Landesregierung“

Bin sehr enttäuscht von der Landesregierung, dass sie diese gute Idee einfach versenkt hat und der Direktorin Frau Christina Holzner keine Achtung geschenkt hat, obwohl sie mit ihrer Idee für großes Interesse bei uns allen gesorgt hat!

Peter Köllensperger

---------------------------------

„,Gegner‘ sollen sich etwas anderes einfallen lassen“

Ich selbst habe einen 6-jährigen Jungen, der mit der (deutschen) Grundschule beginnt. Ich fände es richtig, dass Kinder, die Deutsch nicht gut sprechen, eine separate Klasse besuchen. Dabei könnten die Lehrpersonen besser auf ihre Bedürfnisse eingehen, ohne andere Kinder zu benachteiligen. Das hätte nichts mit Ausgrenzung zu tun. Das wäre eindeutig eine gute Lösung der Direktorin der Goetheschule gewesen. Jetzt sollen sich die „Gegner“ etwas anderes einfallen lassen. Aber bald!

Tamara Gualdi

---------------------------------

„Differenzierung ist sicher gut, aber...“

Meiner Meinung nach wäre es richtig, die Schüler zu trennen. Die deutschsprachigen Kinder könnten viel besser die deutsche Sprache vertiefen. Jene Kinder, die die deutsche Sprache noch nicht beherrschen, könnten alle mit denselben Voraussetzungen starten und könnten dann gemeinsam die deutsche Sprache erlernen. Die Lehrpersonen sind total überfordert, wenn sie Kinder unterrichten müssen, die alle verschiedene Voraussetzungen haben. Differenzierung ist sicher gut, aber leider in diesem Fall nicht durchführbar.

Elisabeth Pircher

---------------------------------

„Lob an den Landesrat“

Dass fremdsprachige Schüler in einer Klasse nicht nur eine Bereicherung sind, ist wahrscheinlich allen klar, und nicht nur in Südtirol wird händeringend nach angemessenen Lösungen gesucht. Ob dabei die mediale Großoffensive dieses Medienhauses eine große Hilfe ist, wage ich zumindest in Frage zu stellen. Von meiner Seite jedenfalls ein großes Lob an den zuständigen Landesrat, der trotz dieser Offensive bis dato einen kühlen Kopf behalten hat.

Josef Vieider

---------------------------------

„Gemischte Klassen haben keinen negativen Einfluss auf das Leistungsniveau“

Hiermit möchte ich betonen, dass die Entscheidung der Bildungsdirektion an gemischten Klassen festzuhalten von wissenschaftlichen Studien unterstützt wird.

Wie zum Beispiel die Lernstandserhebung 2023 im Bereich Lesen zeigt, erzielen deutschsprachige Kinder an Bozner Schulen keine schwächeren Leistungen als ihre Altersgenossen in anderen Teilen Südtirols. Gemischte Klassen haben keinen negativen Einfluss auf das Leistungsniveau.

Die Beibehaltung gemischter Klassen basiert auf den Prinzipien der Inklusion und dem Respekt vor Vielfalt. Solche Klassen fördern die Integration von Kindern mit unterschiedlichem sprachlichen und kulturellen Hintergrund und tragen zu einem respektvollen und toleranten Miteinander bei. Dies entspricht dem Bildungsauftrag, Diskriminierung zu verhindern und die Akzeptanz von Vielfalt zu fördern.

Es ist an der Zeit, das Augenmerk verstärkt auf intensive Sprachförderung innerhalb der Klassen nach Leistungsniveau zu legen, anstatt Berührungsängste zu schüren. Spezialisierte Lehrkräfte müssen in kleinen Gruppen, auch außerhalb der Klasse, schwächere sowie exzellente Schüler individuell fördern können.

Sprachentwicklung gelingt am besten in einem inklusiven Umfeld, wo zusätzliche Ressourcen bereitgestellt werden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Schüler gerecht zu werden.

Dies stärkt nicht nur die Sprachkompetenz, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl und die soziale Kohäsion innerhalb des Landes.
Langfristig haben gemischte Klassen klare positive Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf das Zusammenleben im Allgemeinen.


Gabriel Fidenti

---------------------------------

„Überlasst das Lehren den Experten“

Die Reaktion der politischen Verantwortlichen ist der Beweis unserer politischen Kultur im Lande. Anscheinend reicht der aufgeblasene Verwaltungsapparat im Lande, der ja solche Situationen bestens kennen sollte, nicht aus, dass sich der Landesrat um solche Initiativen kümmert.

Braucht er die Bühne oder ist es einfach so üblich im Lande, dass man zwar gut bezahlte Führungskräfte beschäftigt, aber dann die Politik Besserwisser spielt und überall hineinpfuscht.

Wenn sich eine Direktorin um ihre Schule, um ihre Schüler kümmert und ein reales Problem aufgreift, warum lässt man es nicht auf einem Versuch ankommen und warum argumentiert man mit Statistiken und „Expertenmeinungen“ dagegen?

Kennen diese Experten die Situation in der betroffenen Schule? Was bleibt jetzt von der Aussage der individuellen Betreuung?

Liebe Politiker, schafft die gesetzlichen Voraussetzungen, rauft euch um das Budget, aber überlasst das Lehren den Experten.


Manfred Hofer

---------------------------------

„Der Beamte hält sich an die Vorschriften, der Politiker schafft sie“

Man kann das aus diversen Perspektiven sehen, was aber die geistige Bildung betrifft, ist eine Trennung zwischen denen, die etwas können, und jenen, die wenig oder nichts kennen, erforderlich. Sieht man davon ab, wird das geistige Niveau unserer Jugend noch tiefer sinken.

Es ist beschämend für Politiker, wenn sie von „Das geht gesetzlich nicht“ sprechen. Damit degradieren sie sich zu Beamten. Der Beamte hält sich an die Vorschriften; der Politiker schafft sie. Leider sind derweil die meisten Politiker nur noch Beamte. Sie sollten wissen: Politiker ist man erst, wenn man das Nicht-Mögliche möglich macht.


Lark Lerkof

---------------------------------

„Bin dagegen“

Ich bin dagegen, dass es bereits in der 1. Klasse der Grundschule eine Klasse geben sollte, in der es keine deutschsprachigen Schüler gäbe.
Gerade in der 1. Klasse können alle Schüler auch jene der deutschsprachige Schüler zusammen die deutsche Sprache erlernen.

Cornelia Knoll

---------------------------------

„Muss man sich fürchten/schämen?“

Muss man sich fürchten/schämen Deutsch zu reden?

Michael Hartmann

---------------------------------

„Traurig, aber wahr“

Traurig, aber wahr. Die Chancengleichheit wird hier mit Füßen getreten.

Johann Ziernhöld

---------------------------------

„Zumindest ein Elternteil sollte die Sprache gut können“

Ich finde es gut, dass Kinder in jene Schule gehen müssen, deren Sprache (Italienisch oder Deutsch) mindestens ein Elternteil gut kann, in Wort und Schrift. Für ein Kind anderer Muttersprache finde ich es noch wichtiger, eine Förderklasse zu haben. Sollte sich eine super Sprachkompetenz entwickeln, sollten die Kinder wechseln können. Dafür braucht es ein Umdenken bei den Eltern und Politikern. Keinem wird somit Unrecht getan, sie werden nur in ihrer Entwicklung gefördert.

Jeder Mensch hat Dinge, die er gut kann und gut erlernt. Ich sehe keine Ausgrenzung. Wir lassen uns viel zu viel von geschichtlichen Erfahrungen leiten. Ausnahmen gibt es immer.

Angelika Lanthaler


---------------------------------

„Zumutung für das Lehrpersonal“

Ich finde es richtig, wenn es eine getrennte Klasse geben würde, da es weder für unsere noch für die anderssprachigen Kindern ein Vorteil ist, wenn alle zusammen in einer Klasse sind. Unsere Kinder wären benachteiligt, da sie beim Lernstoff eingebremst werden, da sich die Lehrpersonen mehr mit den anderen beschäftigen müssen. Es ist auch eine Zumutung für das Lehrpersonal.

Robert Ebnicher

---------------------------------

„Wäre für beide Seiten ein absoluter Vorteil“

Bezüglich gemischte Klassen finde ich das ganze Trara überflüssig. Es ist doch natürlich, dass Schüler, die wenig und kein Deutsch sprechen, zuerst für 1 bis 2 Jahre darin instruiert werden müssen, separat, mit mehr Lehrpersonal, und dann erst in die deutschen Klassen integriert werden können. Das versteht sich doch von selbst. Ich bin keine Ausländerfeindin, aber so etwas ist doch für beide Seiten ein absoluter Vorteil.

Heidi Kustatscher

---------------------------------

„Neue Möglichkeiten nutzen“

Kinder sind bekanntlich unsere Zukunft, jedes Einzelne von ihnen hat das Recht auf Bildung und sprachliche Förderung. Anfangs möchte ich betonen, dass Kinder im Grundschulalter keine allzu großen Probleme haben, sich sprachlich auseinanderzusetzen, somit wäre es für viele Kinder sicherlich keine große Hürde Freunde zu finden; denkt man jedoch weiter, wird mir schnell klar, dass es die zu großen sprachlichen Unterschiede zu vielen Bildungslücken führen können. Ich bin fest der Meinung, dass die Beherrschung der eigenen Muttersprache eines der wichtigsten Kriterien ist, um eine zukünftig leistungsstarke Gesellschaft heranwachsen zu lassen. Die Grundschule ist dafür da, die ersten wichtigen Kompetenzen zu erlernen. Dazu gehören primär rechnen, lesen und schreiben. Jene Kulturtechniken sind unabdingbar und notwendig um in Zukunft nicht nur gute Berufschancen, sondern auch eine angemessene Lebensqualität zu haben. Um dieses Ziel zu erreichen, sehe ich großes Potenzial darin, eine Klasse für „nicht deutschsprachige Kinder“ zu organisieren, nicht um jene auszuschließen, sondern vor allem, um auch sie zu unterstützen und so gut es geht Bildung zu gewährleisten. Andererseits haben jene Kinder mit deutscher Muttersprache somit die Möglichkeit ihr Können unter Beweis zu stellen und dementsprechend gefördert zu werden. Hinzu kommt, dass meiner Meinung nach den Lehrpersonen eine große Last abgenommen wird, denn eine gerechte Unterteilung der Aufgaben für leistungsstarke und leistungsschwache Kinder ist oftmals schon eine Herausforderung. Kommt jedoch noch Faktor „sprachliche Differenzen“ hinzu, wird es immer schwieriger, einen gerechten Unterricht zu bieten. Letztendlich finde ich, dass eine solche „Trennung der sprachlichen Fähigkeiten“ beiden Seiten zugutekommen kann, denn lernen Kinder in der Schule nicht gut, so muss ein Elternteil, fast wie in Coronazeiten, als Lehrperson fungieren.

Deborah

---------------------------------

Wie sehen Sie das Ganze? Schreiben Sie uns bis einschließlich Freitag, 6. September!

Kontakt:

E-Mail an redaktion@stol.it

Betreff: Meinungen der Leser

Hinweis:

Der Redaktion zugesandte Leserzuschriften dürfen die vorgegebene Länge von 2000 Anschlägen (einschließlich Leerzeichen) nicht überschreiten.

Damit eine Zuschrift in dieser Rubrik veröffentlicht werden kann, muss außerdem die vollständige Adresse und Telefonnummer des Schreibers angegeben werden. Adresse und Telefonnummer werden nicht veröffentlicht.

Selbstverständlich können Sie Ihrem Beitrag auch ein aktuelles Foto von Ihnen beilegen, das wir ebenfalls gerne veröffentlichen werden.

Zuschriften müssen sich auf das Thema beziehen und sich inhaltlich und sachlich damit befassen. Bitte bleiben Sie höflich im Ton. Beiträge, die gegen geltende Gesetze verstoßen, werden nicht veröffentlicht.

Die bisherigen STOL-Leserforen finden Sie hier.

stol

Mehr zu diesem Thema
Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden