Dienstag, 3. September 2024

Sprachförderklassen gestoppt: Modell Goethe vom Land im Keim erstickt

Das Modell Goethe, Kinder ohne Deutschkenntnisse in einer Klasse zusammenzufassen, findet nicht statt. Die Schulamtsleiterin wies die Bozner Schule an, Klassen zu durchmischen. „Danach sollen Klassenverbände sehr wohl aufgelöst und in Gruppen nach Leistungsstand unterrichtet werden“, sagt der Landeshauptmann. Die italienische Schule könne zudem erstmals ein gemischtsprachiges Angebot bieten.

„Sonderklassen und Sortieren ist nicht zulässig. Wir haben eine inklusive Schule“, betont Landeshauptmann Arno Kompatscher. - Foto: © dpa-tmn / Mascha Brichta

Als SVP-Chef Dieter Steger am gestrigen Montag um 15.45 Uhr das Büro des Landeshauptmanns verließ, war ihm der Ärger ins Gesicht geschrieben, doch es gab kein Durchkommen. Das Land hatte da bereits das Modell Goethe im Keim erstickt, Schulamtsleiterin Sigrun Falkensteiner die Direktorin angewiesen, für eine ausgewogene Klassenbildung zu sorgen.

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Schulamtsleiterin Sigrun Falkensteiner



In den 2 ersten Klassen der Goethe (eine dritte folgt der Reformpädagogik) werden jeweils eine Handvoll muttersprachlich deutsche Kinder die Schulbank mit Kollegen drücken, von denen einige gerade mal ein bisschen, die meisten gar kein Deutsch können.

Bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag sagte Schulamtsleiterin Falkensteiner, es stehe der Goetheschule aber frei, Niveaugruppen zu bilden, die etwa in einigen Deutschstunden pro Woche zusammenarbeiten könnten. Verschiedene Optionen seien möglich. Was die Schule nun tun werde, wisse sie nicht, sagte Falkensteiner.

Gemeinsam mit Bildungsdirektor Gustav Tschenett und Sprachwissenschaftlerin Andrea Abel versuchte sie auch, den Eltern die Angst vor Lerndefiziten durch nicht-deutschsprechende Klassenkollegen zu nehmen: Lernstandserhebungen hätten gezeigt, dass Schüler der Goethe nicht schlechter Deutsch könnten als ihre Kollegen an anderen Grundschulen.

„Sonderklassen und Sortieren ist nicht zulässig“

„Das Problem von Kindern die nicht genug Deutsch können an deutschen Schulen, ist real und es braucht Lösungen“, sagt Landeshauptmann Arno Kompatscher. Diese gebe es auch, doch müssten sie gesetzeskonform sein.

Landeshauptmann Arno Kompatscher - Foto: © ivo corra` fotografo



„Sonderklassen und Sortieren ist nicht zulässig. Wir haben eine inklusive Schule. Die Klassen sind ausgewogen zu bilden. Sehr wohl möglich und absolut wünschenswert ist, danach die Klassen aufzulösen und den Deutschunterricht in Leistungsgruppen und Fördergruppen auch in getrennten Räumen zu gestalten. Dafür gibt es auch Personal. Aber die Kinder sind nicht das ganze Jahr in eigenen Klassen getrennt“, so Kompatscher.

Gemischtsprachiges Angebot für italienische Schule

Um die Zahl der italienischen Kinder zu verringern, die in die deutsche Schule drängen, habe man den Italienern im Koalitionsprogramm ein gemischtsprachiges Angebot zugestanden. „Das ist wohl an vielen vorbeigegangen, aber an italienischen Schulen können Geschichte, Geografie oder Mathematik nicht nur als Sachfachunterricht, sondern komplett auf Deutsch unterrichtet werden. Auch das ladinische Modell würde passen“, so Kompatscher.

Eine Bedingung sei, dass zumindest ein Zug pro Schule das klassische Modell mit allen Fächern auf Italienisch anbietet, um Art. 19 des Autonomiestatuts Genüge zu tun. Jedenfalls stimme der Vorwurf von Grünen und Team K nicht, dass die Italiener in die deutsche Schule wollen, weil keine bi- und trilinguale Schule zugelassen sei. „Galateo kann für seine Schule nur machen.“ Die deutsche Schule – und auch das steht im Koalitionsprogramm – strebe diesen bilingualen Unterricht nicht an.

Wahr sei freilich auch, dass die Italiener an der Attraktivität ihrer Schule arbeiten müssen. „Nicht einmal die Hälfte der italienischen Eltern, die ihre Kinder in die deutsche Schule einschreiben, geben an, dies aus rein sprachlichen Gründen zu tun“, so Kompatscher. Über das „Warum“ kann spekuliert werden. Die deutsche Schule scheint in vielerlei Hinsicht zu „funktionieren“. Von der italienischen hört man weniger.

Lange Gesichter bei der SVP

Was bleibt, sind lange Gesichter in der SVP. Schulamtsleiterin Falkensteiner wird heute verschiedene Modelle erläutern, wie Unterricht in komplexen Sprachsituationen gelingen soll. Beispiel ist wie berichtet das Modell Meran, wo Kinder nach 5 Fördergruppen unterrichtet werden. Trotzdem ist man in der Brennerstraße und in der Bozner SVP enttäuscht, dass der Goethe-Vorstoß abgewürgt wurde. Das sei ein Nachteil für die deutschen Kinder.

SVP-Obmann Dieter Steger - Foto: © DLife/LO



Am Freitag tagt die SVP-Leitung. Steger will trotzdem an seiner Arbeitsgruppe unter Harald Stauder festhalten. Freilich wurde deren Spielraum bereits vorab stark beschränkt.

bv/stol

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