Samstag, 28. September 2024

Teil 4 | Die Meinung unserer Leser zur Strafe gegen die Direktorin der Goethe-Schule

Der Vorschlag der Direktorin der Bozner Goethe-Schule, eine 1. Klasse mit Kindern ohne Deutschkenntnissen einzurichten, sorgte für großes Aufsehen. Nach dem Veto des Landes leitete Schulamtsleiterin Sigrun Falkensteiner nun ein Disziplinarverfahren gegen die Direktorin ein. Diese Entscheidung sorgte auch bei den STOL-Lesern für viel Zündstoff, die ihre Meinungen dazu der STOL-Redaktion mitteilten.

Nachdem bekannt wurde, dass die Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner ein Disziplinarverfahren gegen die Direktorin der Bozner Goethe-Schule, Christina Holzer, anstrengen will, hat unsere Redaktion eine Flut von Solidaritätsbekundungen für Holzer erreicht. - Foto: © dpa-tmn / Mascha Brichta

„Unsere Kinder sollen die bestmögliche Ausbildung erhalten“

Meine Meinung hat nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun, aber unsere Kinder sollen die bestmögliche Ausbildung erhalten. Wenn unsere „Gescheiten“ in Bozen das nicht verstehen, dann haben sie den falschen und zudem überzahlten Job.

Anton Gruber

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„Die Bestrafung ist eine Frechheit“

Die Direktorin hat die einzig richtige Entscheidung getroffen. Die Entscheidung dagegen, war eine Entscheidung gegen die deutschsprachige Bevölkerung. Ich kann sie auf keinen Fall mittragen. Die Bestrafung ist eine Frechheit!

Huber Hannes

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Kuddelmuddel in der Politik auf Kosten der Kinder

„Vergessen wir nie: Es geht um Kinder!“ oder: „Müssen auf unsere Kinder schauen.“- Zitat: Landesrat Achammer.

Politik und Bildung muss sich dazu dementsprechend doch auch verhalten. Wird das mit Kuddelmuddel derzeit in der Politik denn etwa getan?
Richtig Landesrat Achammer: Nicht die Lehr- und Schulführungskräfte sind das Problem. Hat das aber jemand überhaupt behauptet? Es gilt wohl das (rhetorische) Argumentationsmuster Achammers als Ganzes mal etwas kritisch zu hinterfragen.

Einerseits fordert er unter anderem in den Medien von all den andern, gleichwohl ja er gefordert wäre, zuständigkeitshalber zu liefern. Wie man hingegen zu „besten und gelingendsten pädagogischen Konzepten kommt“ (wieder Zitat Landesrat Achammer), wenn man gleichzeitig „dankbar“ dafür ist, dass sich Führungskräfte, pädagogische Fachkräfte und Lehrpersonen erst gar nicht in einen produktiven, gesamtgesellschaftlichen Diskurs einbringen oder nun gar diszipliniert werden, bleibt wohl Achammers Geheimnis.

Das Problem ist hier doch vielmehr die Reflexpolitik gegen die deutsche Minderheitenschule, auch jene Achammers, der sich durch den Vorstoß seines Parteifreundes Stauder offenbar persönlich gar angegriffen fühlte. Nur, damit führt man die Probleme doch keiner Lösung zu.
Es reicht ja nicht mal für Antworten.

Wieso traute man so wenig der gepriesenen Autonomie der Schule und der konsensorientierten Partnerschaft (Schule-Eltern) zum Wohle des Kindes? Wieso protestierte Achammer nicht zumindest als zuständiger Landesrat gegen die Diffamierungen durch unerträgliche historische Gleichsetzungen der deutschen Minderheitenschule mit Ghetto, Apartheid etc. nur weil sie zusätzlich einen besonders geschützten Arbeits- und Lernraum „Willkommensklasse“ (in der Schulanfangsphase) einführen wollte, den es so bereits auch in der Schweiz, Österreich, Deutschland schon längst gibt.

Auch diese Form beinhaltet selbstverständlich Inklusion. Wieso sollten Schüler, insbesondere in der Schulanfangsphase, im Sprachzentrum etwa besser aufgehoben sein als an der eigenen Schule? Wie kann bei einem sehr hohen Anteil von Schülern ohne Deutsch als Erstsprache Integration/Inklusion auf Deutsch gelingen?

Wie wird das völkerrechtlich verankerte Grundrecht der deutschen Minderheit in Italien auf Bildung in der Erstsprache gewährleistet, wenn es an der deutschen Minderheitenschule Klassen mit kaum bis gar keine Schüler der Minderheit selbst gibt?

Wenn es stimmt, was Landesrat Achammer und Bildungsdirektion behaupten, dass an der deutschen Minderheitenschule alles so gut funktioniert, wieso nehmen dann immer mehr Eltern aus den Zentren ihre Kinder aus Klassen mit Deutsch als Bildungsstransfer auf Substandard-Niveau und fahren tagtäglich sogar bis nach Eppan?

Gilt es nicht vielmehr klare bildungspolitische Prioritäten zu setzen, anstatt gleichzeitig für eine besondere (elitäre) Zielgruppe gar einen neuen Sonderklassenzug mit der Hauptunterrichtssprache Englisch an einer deutschen Minderheitenschule einzuführen?

Wieso kann diese „wertvolle Ergänzung“ (Zitat Landesrat Achammer) für sehr wenige, wie sonst auf der Welt, nicht auch privat organisiert und getragen werden?

Martin Pircher

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Unterstützung statt Strafe

Ich finde man hätte die Direktorin unterstützen sollen, sie sitzt ja an der Quelle der Probleme. Ich bewundere Frau Direktorin und verurteile das Schulamt.

Meinrad Berger

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„Von Diskriminierung kann keine Rede sein“

Leider kann ich diese Maßnahme überhaupt nicht nachvollziehen, da ich den Vorschlag einer Förderklasse sehr gut finde. Deutsch sprechende Kinder werden im Unterricht benachteiligt, da der Stoff nicht entsprechend vermittelt werden kann, wenn nicht alle Kinder dem Unterricht folgen können.

Entweder werden Kinder durch die Sprachbarriere abgehängt oder der Rest wird unterfordert und langweilt sich – mit entsprechenden Folgen für das Sozialverhalten. Von Diskriminierung kann keine Rede sein. Italienisch sprechende Kinder sollten halt dann auf der italienischen Schule angemeldet werden.

Michaela Zepf Bobinger, Lana

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„Es ist unverschämt“

Es ist unverschämt, dass jemand mit guten und neuen Ideen sich in einem Disziplinarverfahren verantworten muss und dass Schüler die des Deutschen bereits mächtig sind mit Anfängern zusammen den Unterricht mitmachen müssen.

Carl Comploj, St. Christina

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„Zum Schämen“

Zu dem Thema Goetheschule/Sonderklasse/Verfahren möchte ich gerne mitteilen, dass dies für mich einfach alles nur zum Schämen ist. Gibt es denn keine vernünftigen Entscheider mehr in unserer Gesellschaft, sind wirklich alle an der Macht stehenden nur mehr von sich selbst oder irgendeiner Unterwürfigkeit getrieben? Ein gesunder Menschenverstand sollte doch angenommen werden dürfen, leider scheint dieser weitab von unserer Welt geglitten.

Robert Buchschwenter, Lana

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Dank an Direktorin

Ich kann nur Danke sagen einer couragierten Direktorin. Eigentlich wäre es Aufgabe der Politik: Die Direktorin sah die Misere und hatte die Courage das zu tun, was schon längst fällig war.

Antonia Hofer

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„Kein Wunder, dass die Jugend das Land verlässt“

Ein Disziplinarverfahren gegen eine problemlösungsorientierte Schuldirektorin – interpretiere ich als Hilfeschrei und Kontrollverlust der Schulamtsleiterin sowie des dafür zuständigen Landesrats.

Wie kann es sein, dass eine Schuldirektorin, welche sich um einen Lösungsversuch in der eigenen Schule bemüht, nun mit einem Disziplinarverfahren bestraft wird? Dies scheint leider als letztes Mittel eingesetzt zu werden, um die Mängel der eigenen Führungskompetenz, sei es als Schullandesrat als auch als Schulamtsleiterin zu vertuschen.

Ich bin sprachlos und traurig, dass selbst das Schulsystem in dieser Provinz nichts Besseres zu bieten hat, als immer wieder auf die Ausführenden Organe einzudreschen anstatt sich mit der Thematik gemeinsam auseinanderzusetzen. Kein Wunder, dass die Jugend das Land verlässt.

Monika Schlechtleitner, Brixen

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Rücktritt gefordert

Wenn das die Meinung von Frau Falkensteiner ist, sollte sie so schnell als möglich zurücktreten. Ich würde Frau Holzer als ihre Nachfolgerin vorschlagen.

Mair Walter, Ahrntal

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„Unglaublich“

Eine gut gemeinte und durchwegs diskussionswürdige Initiative einer Grundschuldirektorin mündet in einem Disziplinarverfahren. Unglaublich. Ist das die neue Gangart der Südtiroler Bildungspolitik? Wer nicht nach der Pfeife tanzt, wer eigenständig denkt und handelt muss ab sofort im „Winkele stehen“? Soweit darf es nicht kommen.

Zu guter letzt sind die täglichen praktischen Erfahrungen und die daraus resultierenden Erkenntnisse mehr Wert als die „wissenschaftliche“ Auswertung einiger Fragebögen hinterm Schreibtisch. Der Fokus sollte vielmehr auf die Bedürfnisse ALLER Kinder gerichtet sein.

Ab einem bestimmten Anteil von Schülern, welche weder die eine noch die andere Landessprache beherrschen, scheint es jedenfalls sinnvoll zu sein, diesen Kindern zunächst ein Grundwissen der jeweiligen Sprache beizubringen, bevor sie ins kalte Wasser geschmissen werden. Das ist doch keine bildungspolitische und schon gar keine gesellschaftspolitische Frage. Das ist einfach nur logisch und nachvollziehbar.

Hören wir deshalb auf jene, die sich tagtäglich in der Praxis mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen.

Hansjoerg Dariz

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„Stehe hinter der Direktorin“

Ich stehe voll hinter der Entscheidung der Direktorin der Goethe-Schule und wünsche Ihr viel Durchhaltevermögen. Das Verhalten von Frau Falkensteiner finde ich katastrophal und total unverständlich.

Miriam Michaeler, Lana

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„Wem hätte der Versuch geschadet?“

Wem bitteschön hätte es geschadet diesen Versuch zu wagen? Geht es hier nur ums Rechthaben oder was? Wo bleibt der Hausverstand?

Katharina Saxl

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Solidarität mit Schuldirektorin

Da hat endlich einmal eine Direktorin eine gute Idee und wird so abgestraft. Ja wo sind wir denn? Kann man nur hoffen, dass sich viele mit ihr solidarisch zeigen und sie weiterhin unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen

Herta Mair, Bozen

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„Ziehe meinen Hut vor den Lehrpersonen“

Mein Enkelkind besucht die Goethe-Schule und hat 3 Mitschüler deutschsprachiger Eltern: Ich ziehe den Hut vor den Lehrpersonen, die mit diesem Schlamassel zurecht kommen müssen! Schade, es hätte nun endlich eine gute Lösung gegeben, aber die Betroffenen haben ja nichts zu melden. Traurig, traurig...

Eva Schrott

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Recht auf gemeinsamen Unterricht unabhängig von Sprache

Es ist für mich sehr befremdlich zu lesen, wie schnell über Personen geurteilt wird, wie schnell Situationen verurteilt werden, ohne vielleicht sämtliche Hintergründe zu kennen. Ich kenne sie jedenfalls nicht, außer was eben über die Presse veröffentlicht wurde.

Fakt ist, dass an der Goethe-Schule eine eigene Klasse errichtet werden sollte für Kinder, die der deutschen Sprache noch nicht oder noch nicht in ausreichendem Maße mächtig sind, um am Unterricht teilhaben zu können. So jedenfalls die Begründung.

Fakt ist auch, dass dieses Vorhaben nicht den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben entspricht. Das dürfte auch Frau Direktor Holzer bekannt gewesen sein.

Unsere Schule ist auf den Grundlagen der Inklusion und der Teilhabe aufgebaut und das bedeutet das Recht auf einen gemeinsamen Unterricht unabhängig von Sprache, Kultur, Geschlecht usw. für alle Schüler.

Ich frage mich, welche Kommunikation und Sozialisation kann in einer Gruppe zwischen Schlülern entstehen, die alle unterschiedliche Sprachen sprechen und eine unterschiedliche kulturelle Herkunft haben und die deutsche Sprache nur im Unterricht, nicht aber im konkreten Alltag kennen lernen.

Ich verstehe die Angst von Eltern, dass in solchen Situationen ihre Kinder nicht mehr richtig deutsch lernen würden. Es erinnert mich sehr stark an die Anfänge der Integration von Kindern mit einer Beeinträchtigung. Auch damals war die Befürchtung sehr groß, die anderen Kinder würden in ihren Leistungen eingeschränkt. Man hat sogar eine Untersuchung durchführen lassen, die dann genau das Gegenteil bestätigt hat. Alle Schüler haben davon profitiert.

Die Goethe-Schule hat sich nun mit einem neuen Modell auf den Weg gemacht und ich wünsche ihr viel Erfolg dabei. Was mich aber immer noch bestürzt ist, wie diese Diskussion alte Ängste wieder heraufbeschworen hat, wie schnell sich die Fronten verhärtet haben anstatt gemeinsam und rechtzeitig an einer Lösung des Problems zu arbeiten. Inklusion ist auch eine Frage der Haltungen und des Dialogs. „Strafmaßnahmen“ verhärten die Situation nur noch mehr.

Die Tagung zur Sprachenvielfalt und Mehrsprachigkeit im November dieses Jahres dürfte eine geeignete Plattform dafür sein, sich auf wissenschaftlicher Ebene mit der Problematik auseinander zu setzen.

Edith Brugger, St .Lorenzen

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„Ich bin entsetzt“

Also ich bin nur noch entsetzt darüber wie wir Südtiroler immer mehr in unserer Heimat entfremdet werden. Bald sind unsere Rechte in deutscher Sprache überall aufgebraucht.

Frau Holzer hatte den Mut endlich was für unsere deutschsprachigen Kinder zu unternehmen, damit diese sich gut weiterbilden können. Und auch um Kindern, die unserer deutschen Sprache nicht mächtig sind, eine Chance zu geben, damit diese mit Unterstützung dann gut lernen, um später wieder in gemischte Klassen zu gehen zu können, wo alle dann die deutsche Sprache beherrschen.

Es geht ja eigentlich um das Wohl der Kinder. Warum wird dies nicht geschätzt, anstatt auf Paragraphen rumzureiten. Traurig ist es in unserem schönen Land Südtirol geworden. Auf Kinder und alte Menschen wird schon lange nicht mehr geachtet. Hauptsache die Gesetze werden eingehalten, ob der einheimische Bürger darunter leidet ist egal. Ich schäme mich fremd.

Karin Peskoller, Bruneck

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„Lehrpersonen werden alleine gelassen“

Man denkt, was zur Zeit betreffend nicht-deutsch-sprechende Schüler an den Schulen geschieht, ist unfassbar und macht sprachlos. Die Lehrpersonen werden mit diesem Problem seit Jahren in ihren Klassen alleine gelassen nach dem Motto, es ist ja ihre Aufgabe, den „Kindern deutsch beizubringen“. Aber das ist nicht zu machen ohne Unterstützung vieler Anderer: die Eltern der Kinder, die nicht mit ihren Kindern deutsch sprechen wollen oder können, das Umfeld, Sprachkurse vor Schulbeginn etc.

Niemand hat ernsthaft etwas unternommen, und wieder blieb ein neues Schuljahr alles beim Alten. Nun hatte die Schuldirektorin (ich nehme an auch die betroffenen Lehrpersonen dieser Schule) einen neuen Ansatz, um dieses Problem der „Deutsch-Sprachlosigkeit“ zu lösen.

Es wäre ja eine Möglichkeit, die funktionieren könnte! Und was macht die Schulamtsleiterin Frau Falkensteiner? Verbot und Strafmaßnahme! Man ist nur noch wütend über soviel Unverständnis und fast schon Arroganz gegenüber den Lehrpersonen.

Sollte es zu einem Verfahren kommen, werde ich der Schuldirektorin meine volle Unterstützung jeglicher Art (ideell und finanziell) zusichern.

Lieselotte Tümmers, Nals

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stol

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