Mittwoch, 18. Oktober 2023

Zweifel an Opferzahl von Raketeneinschlag bei Gaza-Spital

Beim Einschlag einer Rakete vor dem Al-Ahli-Arab-Spial in Gaza sollen nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums am Dienstagabend 471 Menschen getötet worden sein. Es gibt allerdings Zweifel an dieser Darstellung. Am Donnerstag betonte auch die israelische Armee, dass die Zahl der „tragischen Todesfälle“ übertrieben worden sei. Zuvor sprach eine europäische Geheimdienstquelle von „eher dutzenden als hunderten Opfern“.

Die weltweite Bestürzung über die Attacke hat zu einem Desinformationskrieg geführt. - Foto: © APA/AFP / DAWOOD NEMER

„Es gibt nicht 200 oder gar 500 Tote, sondern eher ein paar Dutzend, wahrscheinlich zwischen 10 und 50“, sagte die anonyme europäische Quelle laut der Nachrichtenagentur AFP. Sie verwies darauf, dass das Gebäude nicht zerstört worden sei. Das Krankenhaus sei wahrscheinlich zuvor evakuiert worden, wie eine ganze Reihe von Krankenhäusern im nördlichen Gazastreifen, nachdem die israelische Armee dies angeordnet hatte. Dafür, dass sich hunderte Menschen auf dem Parkplatz davor befunden hätten, gebe es „keine Beweise“.

„Die israelische Armee hat Geheimdienstinformationen, die stark darauf hinweisen, dass die Zahl der tragischen Todesfälle durch eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Jihad von der Hamas auch als Teil einer Desinformationskampagne übertrieben wurde“, teilte am Donnerstag ein israelischer Armeesprecher mit.

Foto: © APA

Kein Krater: Desinformationskampagne der Hamas

Die Hamas hatte Israel zuvor beschuldigt, das Krankenhaus beschossen zu haben. Die israelische Armee macht hingegen eine fehlgeleitete Rakete der Terrororganisation Islamischer Jihad im Gazastreifen verantwortlich und legte Beweise vor, die das belegen sollen. Die palästinensische Seite sowie zahlreiche arabische Staaten geben Israel die Schuld.

Es gebe keine typischen Zerstörungen an den umliegenden Gebäuden oder einen Krater wie bei einem israelischen Luftangriff, erklärte demgegenüber der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. In einem von Israel abgefangenen Telefongespräch zwischen 2 Mitgliedern der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas sei außerdem von der Fehlfunktion einer palästinensischen Rakete die Rede gewesen. Es gebe zwei unabhängige Videos, die als Beweis für eine fehlgeleitete Rakete dienten.

Luftaufnahmen entlasten Israel

Auch nach Darstellung der USA ist Israel den bisher vorliegenden Informationen zufolge nicht für die Explosion in dem Krankenhaus im Gazastreifen verantwortlich. Grundlage der Einschätzung sei die Auswertung von Luftaufnahmen, abgefangenen Informationen und öffentlich zugänglichen Quellen, erklärt die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates (NSC), Adrienne Watson, auf dem Kurznachrichtendienst X (Twitter). Die Auswertungen würden fortgesetzt.

Plakate mit den Fotos und Daten der israelischen Geiseln, die im Gazastreifen festgehalten werden. - Foto: © APA/afp / AHMAD GHARABLI



Israels Außenminister Eli Cohen forderte von den Vereinten Nationen, die Schuldigen öffentlich zu machen. Er habe an UNO-Generalsekretär António Guterres appelliert, bekannt zu geben, dass „die palästinensischen Terrororganisationen“ für die Explosion im Al-Ahli-Krankenhaus im Gazastreifen verantwortlich seien, teilte Cohen am Mittwoch auf der Plattform X (ehemals Twitter) mit. „Die UNO muss eine sofortige Klarstellung herausgeben und den Islamischen Jihad verurteilen.“

Schwerwiegende Folgen für diplomatische Beziehungen

Die im Westjordanland herrschende palästinensische Autonomiebehörde beantragte dagegen eine Untersuchung des Vorfalls durch den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). „Der palästinensische Staat hat heute einen Antrag beim IStGH eingereicht, um eine Untersuchung bezüglich dieses Verbrechens zu erreichen“, sagte die Vertreterin der Palästinenserregierung in Frankreich, Hala Abu Hassira, am Mittwoch in Paris. „Wir brauchen eine internationale Untersuchung.“ Für Abu Hassira steht fest, dass Israel die Schuld trägt.

Eine Frau in Tel Aviv: Das Gedenken an die Menschen, die durch die Hand der terroristischen Hamas am 7. Oktober gestorben sind und verschleppt wurden, wird überschattet von den aktuellen Ereignissen. - Foto: © APA/afp / AHMAD GHARABLI



Weltweit wurde die Attacke auf das Krankenhaus verurteilt, darunter vom Iran, Ägypten, Jordanien, Katar und der Türkei. In mehreren muslimischen Ländern kam es zu Protesten gegen Israel. Der Iran brachte Sanktionen gegen Israel im Rahmen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) ins Spiel und forderte die islamischen Länder zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Israel auf.

US-Präsident Joe Biden - Foto: © APA/afp / BRENDAN SMIALOWSKI



US-Präsident Joe Biden reagierte mit Bestürzung. Bei einem Besuch in Israel am Mittwoch schenkte der US-Präsident der israelischen Darstellung Glauben, indem er sagte: Nach dem, was er gesehen habe, sei die Explosion „vom anderen Team“ verursacht worden.

Ursprünglich hatte der US-Präsident im Anschluss nach Jordanien weiterreisen wollen, um dort noch am Mittwoch auch mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi und dem jordanischen König Abdullah II. zusammenzukommen. Nach dem Vorfall um die Al-Ahli-Arab-Klinik wurde das Treffen in Jordanien jedoch kurzfristig abgesagt.

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apa

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