Der Verein „housing first bozen EO“ möchte diesen Menschen eine Perspektive bieten: Durch eine menschenwürdige Unterkunft während der kalten Jahreszeit.
dormizil 2 eröffnet
„Wir bauen dormizil 1 in der Rittner Straße 25 in Bozen demnächst in kleine Mietwohnungen für obdachlose Menschen um. Weil der Bedarf an Schlafplätzen groß war, haben wir zudem ein neues Gebäude im Stadtzentrum gesucht und sind in der Vintler Straße 9 fündig geworden“, schreibt der Verein in einer Aussendung.Dort hat der Verein ein Gebäude mit 3 Stockwerken angemietet, es ausgeräumt und möbliert. Am 17. Oktober konnte schließlich das dormizil 2 eröffnet werden: 25 Menschen erhalten dort seit einem Monat ein warmes Bett.
dormizil 2 ist täglich von 19 Uhr abends bis um 8.30 Uhr am Morgen geöffnet. Tagsüber verlassen die Menschen das Haus. Zwischen 7.30 und 8.15 Uhr können die Gäste im dormizil frühstücken.
Über 100 Freiwillige im Einsatz
„Als Verein ist es uns wichtig, obdachlose Menschen in kleinen Einheiten würdevoll unterzubringen, wo ihre Privacy gewährleistet ist, sie ihre persönlichen Dinge hinterlegen, sich waschen und frühstücken können und wo ihnen die mehr als 100 Freiwilligen auf Augenhöhe begegnen“, so der Verein in einer Aussendung.114 Freiwillige aus dem ganzen Land leisten im dormizil 2 Nacht- und Frühstücksdienste, managen die Putztätigkeiten und Wäschewechsel, kümmern sich um Einkäufe, entsorgenden Müll, begleiten die obdachlosen Menschen bei Behördengängen, helfen bei der Arbeitssuche und besuchen die früheren Gäste in ihren neuen Wohnungen.
„Wir danken allen Menschen, die uns mit Geld- und Sachspenden unterstützen. Nur so können wir den Winterbetrieb aufrechterhalten. Wir arbeiten zur Gänze freiwillig und kommen ohne öffentliche Gelder aus“, erklärt der Verein.
„Es braucht endlich ein Gesamtkonzept“
Der Verein fordert ein Gesamtkonzept, das der Situation der obdachlosen Menschen Rechnung trägt: „Es braucht menschenwürdige Unterkünfte, keine Hallen, keine Lagerräume. Es braucht ein Gesamtkonzept für Südtirol und die Zusammenarbeit zwischen Politik, Land und Gemeinden. Dafür ist gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Einrichtungen und privaten Organisationen notwendig. Der Wille in der Bevölkerung, etwas zu tun, ist da. Das erleben wir im dormizil 2 täglich.“Unterstützt werden kann der Verein durch Sachspenden, Geldspenden oder durch freiwillige Einsätze im dormizil 1 und 2. Alle Infos dazu finden Sie hier.
Menschen und ihre Geschichten
Milo*ist vor einigen Jahren aus Nordmazedonien nach Südtirol gekommen. Er musste die Sprar-Einrichtung (Sistema di protezione per rifugiati e richiedenti asilo) in Tscherms bereits vor Längerem verlassen, da sein Asylantrag genehmigt wurde und er von diesem Tag an kein Recht mehr auf eine Unterkunft hatte. Wegen der fehlenden Bleibe verlor Milo seinen Job. Doch der 29-Jährige bleibt optimistisch. Wissend, dass er den Winter im dormizil verbringen kann, ist er zuversichtlich, in Bozen bald eine neue Arbeit zu finden.Die 32-jährige Aguidi* aus Ghana war bis vor Kurzem in der Evangelischen Kirche in Bozen untergebracht. Ihre 3 Töchter in Ghana bauen auf sie. Aguidi wartet auf ein baldiges positives Ergebnis ihres Asylantrages und auf Arbeit. Sie möchte irgendwann ihre Kinder zu sich holen. Der Auftakt dieses Weges ist im dormizil gemacht.
Josef* (39) schaffte es nicht, in der großen Übernachtungshalle für obdachlose Menschen in Bozen Süd zu schlafen. Er riskierte den Verlust seiner Arbeit: Nächte ohne Schlaf und die Sorge um sein Hab und Gut haben seiner Psyche nicht gutgetan. „Wir hoffen, dass Josefs Lächeln in unserer überschaubaren Einrichtung wieder auf seine Lippen huscht und er weiter seiner Arbeit nachgehen kann“, betont „housing first bozen EO“.
Mirco* (47) wurde um sein Erbe betrogen, hat sich sein Leben mit Alkohol schöngetrunken und ist darin versunken. Mirco war 2 Winter lang Gast im dormizil 1, ließ sich auf eine Therapie ein. Er ist rückfällig geworden und wird auch im Winter 2023/24 zu Gast in dormizil 2 sein.
Tatiana* ist 75 und in Moldawien aufgewachsen. Seit 30 Jahren hat sie in Italien alte Menschen betreut hat. Jetzt braucht sie selbst Betreuung. Sie war Gast im dormizil 1 und hat inzwischen eine notdürftige Unterkunft gefunden.
*Namen von der Redaktion geändert