Die Almwirtschaft mit ihrer landschaftlichen und kulturellen Bedeutung sei ein wertvolles Erbe, das es zu bewahren gelte, betonte auch Landwirtschaftslandesrat Luis Walcher bei der Almwirtschaftstagung. Eine Bedrohung für das Vieh und somit große Herausforderung sei der Wolf.
„Langfristiges Ziel muss das Herabsenken des Schutzstatus auf EU-Ebene sein. Bis dahin müssen wir mit dem Einsatz aller gezielte Entnahmen auf Landesebene ermöglichen“, sagte Walcher. Auch das Aufgeben vieler Milchbauern, beeinträchtige die Almwirtschaft und Milchproduktion langfristig. „Nur wenn die Bedingungen stimmen, können die Bauern die traditionelle Almwirtschaft und die Landschaft pflegen und das kommt dann den erholungssuchenden Einheimischen und Urlaubsgästen zugute“, unterstrich Walcher.
1700 Almen in Südtirol
Dabei nehmen aber die Herausforderungen bei der Bewirtschaftung zu, wie auf der 31. Almwirtschaftstagung klar wurde. Während in italienischen Regionen, wie etwa Friaul-Julisch Venetien, die Zahl der aktiven Almen und der gealpten Rinder in den letzten Jahren teils dramatisch zurückgegangen ist, ist die Situation in Südtirol eine andere.Nach wie vor gebe es über 1700 Almen, auf 1400 Almen würden Tiere gealpt, berichtete Lothar Gerstgasser vom Amt für Bergwirtschaft. Hingegen sei die Zahl der aufgetriebenen Tiere in den letzten Jahren leicht gesunken. Ein Grund dafür ist auch das Großraubwild.
„Italien ist EU-Land mit den meisten Wölfen“
Wie unterschiedlich die Staaten das Wolfsmanagement angehen, zeigte der Geschäftsführer des Südtiroler Jagdverbandes Benedikt Terzer auf: „Obwohl Italien das EU-Land mit den meisten Wölfen ist (über 3300 Exemplare), gab es bislang keinen einzigen legalen Abschuss eines Tieres.“ Dabei würde der europäische Rechtsrahmen Abschüsse unter bestimmten Bedingungen ausdrücklich erlauben, betonte Zerzer. Er plädierte für einen pragmatischen Zugang zum Wolfsproblem: „Wir brauchen eine Regulierung mit Möglichkeiten zur Begrenzung der Wolfsbestände und der Abschüsse von Tieren.“Tiere scheu halten
Bauernbund-Landesobmann Gasser appellierte an alle Verantwortlichen, der Entwicklung beim Großraubwild nicht freien Lauf zu lassen. „Wir brauchen Entnahmen, damit Wölfe und Bären scheu gehalten werden – zum Schutz der ländlichen Bevölkerung und unserer Nutztiere.“ In seinen Grußworten forderte auch EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann, dass ein Management bei Wolf und Bär, so wie bei jeder anderen Wildtierart, möglich sein muss. Auf EU-Ebene brauche es eine Überarbeitung des strengen Schutzstatus des Wolfes, da diese Art schon lange nicht mehr vom Aussterben bedroht sei.Herdenschutz kostet Geld
Der Umgang mit dem Großraubwild war auch zentrales Thema der Podiumsdiskussion bei der Tagung. An der Gesprächsrunde beteiligten sich neben Jagdverbandsgeschäftsführer Terzer der Bergbauernvertreter im Südtiroler Bauernbund Alberich Hofer, der Bundesobmann der Almwirtschaft Österreich Sepp Obweger, der Geschäftsführer des Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs Albin Blaschka und der Direktor des Trienter Wildtierdienstes Alessandro Brugnoli.Einen Kriterienkatalog zum Herdenschutz stellte Thomas Zanon von der Agrarfakultät der Freien Universität Bozen vor. Gänzlich unmöglich sei in Südtirol die ständige Behirtung, einmal aus Kostengründen und weil das Personal fehle. Zanon verwies auf Studien aus Österreich, wonach der Herdenschutz auf Almen jährliche Kosten von 150 bis 550 Euro je Großvieheinheit verursache. „Auf Südtirol bezogen wären das ca. 5,3 bis 19,3 Millionen Euro pro Jahr“, betonte Zanon, der die Frage nach der Finanzierbarkeit des Herdenschutzes stellte.
Klimawandel ist weitere Herausforderung
Neben dem Großraubwild stand auch das Thema Weidemanagement im Mittelpunkt der Tagung. Eine der größten Herausforderungen für die viehhaltenden Betriebe ist der fortschreitende Klimawandel, unterstrich Siegfried Steinberger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.„Aufgrund des Klimawandels werden wir die Almbewirtschaftung an das magische Dreieck anpassen müssen.“ Dazu gehöre ein früherer Auftrieb der Tiere. „Da die Vegetation im Durchschnitt 3 Wochen früher beginnt, müssen wir unser Vieh ebenfalls früher auf die Alm bringen.“
Ebenso wichtig sei eine gelenkte Weideführung durch Weidezäune: „Sonst fressen die Tiere nur die besten, jungen Gräser, während das übrige Futter stehen bleibt.“ Und nicht zuletzt bräuchte es mehr Weidevieh. „Wir müssen die Tierzahlen an das größere Futterangebot anpassen. Werden Almen nicht mehr oder nur mehr teilweise beweidet, verbuschen sie und werden früher oder später zu Wald. Das hätte negative Auswirkungen auf die Biodiversität und die Artenvielfalt“, warnte Steinberger.