Dienstag, 28. November 2023

Südtirol: Borkenkäfer bereitet weiter Sorgen

Südtirols Wald steht unter Druck. Zuerst die Schäden durch den Sturm „Vaja“, dann der Schneedruck und seit einigen Jahren der Borkenkäfer setzen den heimischen Wäldern zu. Was jetzt getan werden muss, um die Wälder zu stärken und klimatfit zu machen, war Thema auf der Fachmesse „Agrialp“ in Bozen.

Südtirols Wald steht unter Druck. Zuerst die Schäden durch den Sturm „Vaja“, dann der Schneedruck und seit einigen Jahren der Borkenkäfer setzen den heimischen Wäldern zu. - Foto: © Felix Ploner

Egal, wohin man fährt: In vielen Wälder stechen Gruppen von braunen abgestorbenen Bäumen ins Auge. Wie bereits in den Vorjahren hat der Borkenkäfer auch heuer wieder große Schäden verursacht – und ein Ende ist nicht in Sicht. „Leider können wir noch keine Entwarnung geben“, sagte der Direktor der Abteilung Forstdienst, Günther Unterthiner, bei der Diskussionsrunde zum Borkenkäfer auf der Bauernbund-Aktionsbühne in der Messe Bozen.

Dabei scheint es kaum eine Rolle zu spielen, ob die Wälder mehr oder weniger gut gepflegt sind, hat Viktor Peintner, Waldbesitzer und ehemaliger SBB-Bezirksobmann des Pustertals, die Erfahrung gemacht: „Der Borkenkäfer breitet sich überall aus.“

„Durch die hohen Temperaturen und die längeren Trockenperioden im Sommer ist der Wald geschwächt“

Dass die Borkenkäferpopulationen ein komplexes System mit Hunderten verschiedenen Arten sind, die nur schwer zurückgedrängt werden können, bestätigte Hannes Schuler. Er forscht an der Freien Universität Bozen unter anderem zum Borkenkäfer. Klar sei, dass der Borkenkäferbefall mit der Klimaveränderung zusammenhängt. „Durch die hohen Temperaturen und die längeren Trockenperioden im Sommer ist der Wald geschwächt. Hinzu kommt, dass durch die wärmeren Winter die Wintermortalität abnimmt und die Käfer sich schneller entwickeln können.“

Auch wenn der Käfer kurzfristig noch Probleme machen wird, war Schuler zuversichtlich, dass die Borkenkäferzahlen schon bald sinken sollten.

Bäume, die im Herbst befallen wurden, müssen bis Ende April entfernt werden

Das zumindest hätten Erfahrungen aus dem Ausland gezeigt. Wichtig seien in diesem Zusammenhang auch natürliche Gegenspieler, die sich u. a. in den befallenen Bäumen befinden. Deshalb sollten nicht alle Bäume aus den Wäldern genommen werden.

Trotzdem bleibt das Entfernen befallener Bäume das wirksamste Mittel, um die Ausbreitung des Borkenkäfers zu minimieren. Dafür erhalten Waldbesitzer eine Bringungsprämie, erinnerte Günther Unterthiner. Bäume, die im Herbst befallen wurden, müssen in diesem Fall bis Ende April entfernt werden.

„Der Holzpreis ist nicht zufriedenstellend“

Kritik daran kam von Viktor Peintner. Der 30. April gehe im Etschtal gut, aber nicht im Pustertal, wo in höheren Lagen häufig noch Schnee liege. Peintner sprach sich grundsätzlich für eine ganzjährige Bringungsprämie aus, die die Waldbesitzer dazu anhalten soll, die Wälder zu bewirtschaften.

Anders als beim Sturm „Vaja“, als die betroffenen Gebiete als Notstandsgebiete ausgewiesen und beachtliche Geldmittel zur Verfügung gestellt wurden, fehlt beim Borkenkäfer die dringend benötigte Hilfe, kritisierte Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner. Dabei seien die Schäden größer und der Borkenkäfer deutlich gefährlicher als „Vaja“.

Mehr noch als Prämien würden die Waldbesitzer aber einen angemessenen Holzpreis brauchen. „Der Holzpreis ist aufgrund der großen Holzmengen und der Stagnation im Bauwesen nicht zufriedenstellend“, bedauerte Abteilungsdirektor Günther Unterthiner. Höhere Förderungen könnten den niedrigen Holzpreis niemals ausgleichen.

„Es werden immense Maßnahmen für eine standort- und klimagerechte Wiederbewaldung nötig sein“

Damit die Waldarbeit für Bauern interessant bleibe, brauche es deutlich höhere Preise. Einen Lichtblick gebe es immerhin: Immer mehr Experten sehen beim Holzpreis den Tiefpunkt erreicht, weshalb der Holzpreis schon bald wieder anziehen könnte, hofft Unterthiner.

Da derzeit nicht nur der Preis, sondern auch der Absatz fehlt, brachte Viktor Peintner einen nicht ganz neuen Vorschlag ein: „Die politisch Verantwortlichen, der Südtiroler Bauernbund und die Forstverwaltung sollten zusammen mit den Waldeigentümern ernsthaft über eine gemeinsame genossenschaftliche Vermarktung von lokalem Holz nachdenken. Sonst werden immer weniger Bäuerinnen und Bauern in den Wald gehen.“

„Wir müssen darauf achten, dass die Abschusspläne eingehalten und, wo nötig, angepasst werden“

Zum Ende der Diskussionsrunde ging der Blick nochmals in die Zukunft. „Es werden immense Maßnahmen für eine standort- und klimagerechte Wiederbewaldung nötig sein, um die Schutzfunktion wiederherzustellen. Dafür brauchen wir eine Gesamtlösung und Investitionspläne“, forderte Rinner.

Eine wichtige Rolle beim Erhalt gesunder und klimafitter Wälder spielen die Jäger. „Wir müssen darauf achten, dass die Abschusspläne eingehalten und, wo nötig, angepasst werden, damit die Wildtiere nicht die Wiederbewaldung gefährden“, so Rinner. Dort, wo Wald rasch nachwachsen muss, weil es sich um Schutzwälder handelt, wird ein Einzäunen von Jungwald nötig sein.

Insgesamt müsse darauf geachtet werden, dass rasch die richtige Baummischung gepflanzt wird, damit die Wälder auf Hitze und Trockenheit besser reagieren können. Das könne nur gemeinsam mit den über 23.000 Waldbesitzern passieren, ergänzte Unterthiner.

Einig waren sich alle Teilnehmer der Diskussionsrunde, dass die Zeit drängt – bei der Bekämpfung des Borkenkäfers genauso wie bei der Wiederbewaldung: Langes Warten könne sich Südtirol jedenfalls nicht leisten.

stol

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