Laut Foresight-Hochrechnung schaffen die Freiheitlichen ein Rekordplus von 13,1 Prozentpunkten, die Volkspartei erleidet ein Rekordminus von 11,2 Prozent. Die SPÖ könnte unter dem historisch schlechtesten Ergebnis von 21,2 Prozent bleiben. Für die Grünen ergab sich ein Minus von gut fünf Prozentpunkten, für die NEOS wären die 9,1 Prozent das beste Ergebnis bei einer Nationalratswahl.
Kanzler Karl Nehammer bedauerte in einer ersten Reaktion, dass die ÖVP es nicht geschafft habe, die „Aufholjagd“ mit Platz 1 abzuschließen. Aufgabe sei es für die Zukunft genau hinzusehen, wieso „Radikalisierte“ mehr Zuspruch bekämen als die „Kraft der Mitte“ , die „Stimme der Vernunft“.
Rücktrittsaufforderung an Karl Nehammer
FP-Generalsekretär Christian Hafenecker legte dem Regierungschef hingegen den Rückzug nahe: „Wenn man eine so historische Niederlage eingefahren hat, dann gibt es eigentlich nur eine Konsequenz.“ Sein Generalsekretariatskollege Michael Schnedlitz frohlockte, dass die Österreicher Geschichte geschrieben hätten.SP-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sprach von einem schmerzhaften Ergebnis, für das er auch die internen Querelen verantwortlich machte. Es sei wichtig, dass eine Partei mit einer Stimme spreche. Einen Rücktritt von Spitzenkandidat Andreas Babler sieht er nicht: „Das Projekt ist natürlich nicht beendet.“
Die Babler-Vertraute Julia Herr signalisiert Gesprächsbereitschaft Richtung Volkspartei
Für die Grünen trat zunächst Sozialminister Johannes Rauch vor die Mikrofone: „Ich glaube, es ist ein Auftrag weiter zu kämpfen“, meinte er in einer ersten Reaktion zum Minus seiner Partei. Für die NEOS erinnerte Generalsekretär Douglas Hoyos daran, dass man ein Rekordergebnis erzielt habe und somit einer der beiden Wahl-Gewinner sei. Für eine Regierungsbildung sieht er seine Partei bereit – ebenso wie Rauch die Grünen.Die Regierungsbildung dürfte jedenfalls schwierig sein. Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird es obliegen, den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen. Ein Automatismus, dass dabei der Erstplatzierte zum Zug kommt, besteht nicht. Das Staatsoberhaupt hat sich diesbezüglich alle Optionen offen gelassen.
Interessant wird auch die Wahl des Nationalratspräsidenten. Denn dass hier die stärkste Kraft das Amt erhält, ist nur eine Usance, nicht aber zwingend vorgeschrieben.
Lange warten heißt es voraussichtlich am Abend auf das vorläufige Gesamtergebnis – laut Wahlbehörde ist „nicht vor 23 Uhr“ damit zu rechnen. Grund dafür ist die seit Anfang 2024 gültige Wahlrechtsreform. Anders als bisher wird nun am Wahlsonntag der Großteil der Briefwahlstimmen gleich mitausgezählt. Das und die Rekordzahl von 1.436.240 ausgegebenen Wahlkarten wird wohl mehr Zeit beim Auszählen in Anspruch nehmen. Bei der Nationalratswahl im Jahr 2019 waren es noch 1.070.933 Briefwahlkarten, bei der EU-Wahl im heurigen Juni 958.948.