Für manche ist Trump nun ein Märtyrer
Für manche seiner Anhänger ist er seit Samstag ein Märtyrer. Plötzlich ist der politische Störenfried, der jahrelang gnadenlos gegen seine Gegner hetzte, selbst zum Opfer geworden, zum Überlebenden brutaler Gewalt.„Mehr wert als die aufwendigste Werbekampagne“
Zeitungen in der ganzen Welt druckten auf ihren Titelseiten das ikonische Foto des verletzten Trump mit erhobener Faust vor der US-Flagge. Im Kampf um die Rückkehr ins Weiße Haus ist das Bild für den Republikaner mehr wert als die aufwendigste Werbekampagne.„Ich sollte tot sein“
„Ich sollte tot sein“, sagte Trump in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem Boulevardblatt „New York Post“ (Hier lesen Sie sein gesamtes Statement).Trump ist ein gewiefter Wahlkämpfer mit unerschütterlichem politischem Instinkt. Am Sonntag rief der Rechtspopulist, der sonst so gern polarisiert, dazu auf, zusammenzustehen und „zu verhindern, dass das Böse obsiegt“.
„Eine Rede halten, die unser Land vereint“
Und etwaigen künftigen Angriffen des politischen Gegners nahm er noch zusätzlich den Wind aus den Segeln, indem er ankündigte, er werde seine ursprünglich geplante „extrem harte Rede“ gegen die Regierung in Washington so nicht halten, er werde auf dem Parteitag der Republikaner vielmehr eine Rede halten, „die unser Land vereint“.Beim Nominierungsparteitag der Republikaner, der am Montag in Milwaukee im Mittleren Westen beginnt, wäre Trump ohnehin mit Jubel begrüßt worden. Doch nun, da er dem Tod nur knapp entronnen ist, wird er von den 50.000 erwarteten Teilnehmern als beinahe mythischer Held gefeiert werden.
Trump nutzte die Sekunden nach dem Attentat, um Mut und Stärke zu beweisen
Trump werde nach den Schüssen „wie eine Art Märtyrer“ auf dem Parteitag empfangen werden, sagte der frühere demokratische Präsidentenberater von Barack Obama, David Axelrod, dem Sender CNN.Im Wahlkampf geht es um Gegensätze. Trump nutzte die Sekunden nach dem Attentat, um Mut und Stärke zu beweisen. Größer könnte der Kontrast zu seinem Kontrahenten Joe Biden nicht sein: Wochenlang hatte zuvor die Diskussion um die körperliche und geistige Schwäche des 81-jährigen US-Präsidenten die Schlagzeilen beherrscht. Der 78-jährige Trump schien mit seiner gereckten Faust nur Sekunden nach dem Attentat klar seine Stärke zu zeigen.
Anschlag macht es für die Demokraten sehr viel schwerer
Der Anschlag macht es für die Demokraten sehr viel schwerer, Trump zu kritisieren. Biden hatte seinen Herausforderer in jüngster Zeit aggressiv angegriffen und seinen Vorgänger als Bedrohung für die Demokratie dargestellt.Diese Botschaft könnte nun bei den Wählern auf taube Ohren stoßen, da Trump zum Opfer eines von vielen als terroristisch eingestuften Mordversuchs wurde. Das Kampagnenteam der Demokraten will laut Medienberichten die Wahlwerbung vorerst stoppen, Biden verschob eine für Montag geplante Reise nach Texas.
Trump tritt bei Parteitag auf – Vance zum Vize ernannt
Am späten Abend (Ortszeit) trat Trump erstmals nach dem Attentat wieder öffentlich auf. Der 78-Jährige trug eine Art weißen Verband am Ohr, reckte erneut die Faust in die Höhe und wurde in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt.Seinen Getreuen J.D. Vance machte er zum Vizekandidaten für die Präsidentenwahl und holt damit einen Scharfmacher an seine Seite. Mit dem Duo ist trotz der Furcht vor einer Gewaltspirale nach dem Attentat auf Trump nicht mit gemäßigteren Tönen im Wahlkampf zu rechnen. Hier lesen Sie mehr.