Mittwoch, 7. Februar 2024

Lebenslang: Lkw-Fahrer wegen Mordes verurteilt

Ein 36-jähriger Lkw-Fahrer aus Polen ist am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck wegen Mordes nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Urteil der Geschworenen fiel dabei einstimmig aus.

Im Prozess ging es um tödliche Messerstiche auf einem Autobahnparkplatz. - Foto: © APA/MARKUS STEGMAYR / MARKUS STEGMAYR

Dem Mann wurde vorgeworfen, im Mai 2023 auf einem Autobahnparkplatz in Inzing (Innsbruck-Land) einen 35-jährigen Landsmann nach einem Streit mit zwölf Messerstichen getötet zu haben. Ein zuvor abgelegtes Geständnis hatte er zu Prozessbeginn teilweise widerrufen.

Der Angeklagte, der zum Tatzeitpunkt rund 2 Promille Alkohol im Blut gehabt hatte, argumentierte bei der Verhandlung vor Richterin Helga Moser entgegen seiner bisherigen Aussagen damit, sich an „sehr wenig erinnern“ zu können. Es könne aber „dennoch gut sein“, dass er zugestochen und seinen Arbeitskollegen mit einem Messer verletzt habe, gab der polnische Lkw-Fahrer zur Protokoll.

„Geständnis größtenteils erfundene Geschichte“

Sein Geständnis bei der Polizei sei „größtenteils eine erfundene Geschichte gewesen“, sagte der Mann nun vor den Geschworenen. Zu der „Geschichte“ habe ihn die Exekutive auch „bei der Einvernahme gedrängt“. Wahr sei hingegen, dass er einen „Filmriss“ gehabt habe und sich nach einem gemeinsamen Essen und einem ersten Streit an nichts mehr erinnere. „Meine Erinnerung setzt erst dann wieder kurz ein, als ich ein Messer vergraben habe und gänzlich, als ich in der Früh geweckt wurde“, so der Angeklagte. Zudem tischte der Pole auch eine bisher nicht bekannte, überraschende Version des Tathergangs auf: Es habe neben ihm auch noch einen weiteren „unbekannten Mann“ gegeben, der seinen Kollegen ebenfalls verletzt habe, behauptete er.

„Unglaubwürdiger Versuch, sich herauszuwinden“

Für Staatsanwältin Andrea Walder stellte sich der Fall hingegen eindeutig dar. „Die beiden Arbeitskollegen haben sich zum Feierabend bei der Raststätte verabredet und wollten etwas gemeinsam essen und trinken“, sagte sie. Später sei es unter Einfluss von Bier und Wodka zu einem „Kräftemessen“ gekommen, im Anschluss dann zu einem handfesten Streit inklusive gegenseitigen Schlägen. Der Angeklagte habe seinem Opfer schließlich im Auto einen „ersten Stich“ versetzt und – als dieses floh – im Freien zwischen 2 Fahrzeugen die weiteren 11 Stiche. Der Pole habe „die Tat wie angeklagt begangen“. „Die Geschichte mit dem unbekannten Dritten ist absolut unglaubwürdig und wohl ein Versuch des Angeklagten, sich hier herauszuwinden“, sagte sie. Vielmehr sei das stimmig, was der 36-Jährige bisher vor der Polizei ausgesagt habe: „Spuren, Aussage und Tat passen zusammen.“

Der Verteidiger des Angeklagten, Roland Seeger, stellte die Messerstiche nicht in Abrede. „Mein Mandant spricht allerdings nur von 3 Stichen.“ Es habe aber zu keinem Zeitpunkt eine „Mordabsicht gegeben“, man müsse aufgrund des massiven Alkoholkonsums von Totschlag ausgehen. Zudem habe sich der Angeklagte in einer „heftigen Gemütsbewegung“ befunden. Seeger argumentierte weiters mit dem „totalen Filmriss“ des Angeklagten. „Er kann sich nicht an die Tat erinnern“, sagte er. Klar sei allerdings, dass es eine „Rangelei“ gegeben habe und dass sein Mandant – die beiden hatten sich zuvor noch einmal kurz vor dem Verhandlungssaal beraten – davon ausgehe, dass „er es trotz fehlender Erinnerung getan hat.“

Erinnerungslücken nicht zu erklären

Unbestritten sei jedenfalls, dass die Stiche „mit einer erheblichen Wucht ausgeführt worden sind“, führte Gerichtsmediziner Walter Rabl in seinem Gutachten aus. Er ließ auch keinen Zweifel daran, dass es zwölf Stiche gewesen seien. Unter anderem sei ein heftiger Stich in die linke Herzhälfte erfolgt, so Rabl. Die massiven Erinnerungslücken des Angeklagten ließen sich für ihn nicht erklären. „Er war ähnlich berauscht wie das Opfer, bei dem es rund zwei Promille Alkohol im Blut waren“. Bei einer „Alkoholgewöhnung“ seien dabei noch „zielgerichtete Handlungen“ möglich, eine „vollständige Berauschung“ habe nicht vorgelegen.

Richterin Helga Moser führte in ihrer Urteilsbegründung keine mildernden Umstände ins Treffen. Der Angeklagte sei nicht wirklich geständig gewesen, meinte sie. Auch seine Alkoholisierung ließ sie nicht gelten, nachdem der 36-Jährige aus der Vergangenheit bereits wisse, dass er unter Alkoholeinfluss aggressiv reagiere. Zudem habe er die Tat mit einer Waffe ausgeführt, begründete sie die Entscheidung für die Höchststrafe. Nach einer kurzen Unterredung mit dem Angeklagten kündigte der Verteidiger Nichtigkeitsbeschwerde an.

Der 36-Jährige hatte in Einvernahmen nach seiner Festnahme angegeben, dass er und sein späteres Opfer stark alkoholisiert in eine Auseinandersetzung geraten waren. Er habe sich mit einem Messer zur Wehr gesetzt, nachdem ihn sein Kontrahent geschlagen habe. Anschließend setzten sich die beiden in ihre Fahrzeuge und der Angeklagte schlief ein. Der 35-Jährige erlag jedoch in der Fahrerkabine des Klein-Lkw seinen schweren Verletzungen. Er wurde erst am nächsten Tag entdeckt.

apa

Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden