Samstag, 1. Juni 2024

Süddeutschland versinkt im Regen – Landkreis ruft Katastrophenfall aus

In Süddeutschland könnte es am Samstag in vielen Gemeinden entlang der von Dauerregen belasteten Flüsse zu weiteren heftigen Überschwemmungen kommen. Am Freitagabend haben einige Gemeinden ihre Bewohner aufgefordert, Keller zu meiden oder für ein paar Tage woanders zu schlafen. Ein Landkreis ist vorbeugend im Katastrophenmodus. Im Fokus steht die Bodensee-Region im erweiterten Grenzgebiet zu Vorarlberg.

Starker Regen und Überflutungen am Bodensee. - Foto: © APA/dpa / Bernd März

Wegen akuter Überflutungsgefahr wird rund 1300 Menschen im baden-württembergischen Meckenbeuren (nordöstlich von Friedrichshafen) geraten, ihr Zuhause zu verlassen. Es handle sich um keine Evakuierung, sondern um eine Empfehlung, sagte eine Sprecherin der Gemeinde in Oberschwaben am Freitagabend. Es wurde laut Mitteilung damit gerechnet, dass es insbesondere am Fluss Schussen zu extremem Hochwasser kommen könnte.

Die Feuerwehr informierte den Angaben zufolge mit Durchsagen die betroffenen Anrainer, die für die kommenden Nächte bei Angehörigen oder Freunden unterkommen sollen. Alternativ gibt es Schutzräume.

Auch Vorarlberg stark betroffen

„Wir hoffen immer noch, dass sich die Wetterlage etwas entspannt und die Hochwasserpegel weniger dramatisch ausfallen als vorhergesagt“, so Bürgermeister Georg Schellinger laut Mitteilung. „Heute Nacht überschreiten wir möglicherweise den Höchststand früherer Schussen-Hochwasser. Deshalb haben wir schon heute mit der Evakuierung begonnen. Wir möchten, dass sich die Menschen in Ruhe auf die herausfordernde Lage einstellen, ihre Sachen packen und vielleicht bei Freunden unterkommen können - und nicht in der Nacht aus den Betten gerissen werden.“

Unweit in Weingarten bei Ravensburg, etwas mehr als 40 Kilometer von der Grenze zu Österreich (Vorarlberg) entfernt, sollen Bewohner großer Teile der Stadt die Untergeschosse meiden und auf keinen Fall im Keller schlafen. Diese Empfehlung gab die Feuerwehr am Abend heraus. Auch ihnen wurde geraten, bestenfalls bei Verwandten und Freunden außerhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten.

„Unklar, wie schnell die Pegel steigen werden“

„Es ist leider zur Zeit unklar, wie schnell die Pegel im weiteren Verlauf steigen werden. Daher gilt besondere Vorsicht“, hieß es auf der Seite der Einsatzkräfte. Laut dem Landkreis Ravensburg war nicht auszuschließen, dass einzelne Städte oder Gemeinden möglicherweise Evakuierungsentscheidungen treffen könnten.

In Lindau am Bodensee, unmittelbar an der Grenze zu Vorarlberg, waren am Freitagabend bereits erste Straßen und Unterführungen überflutet worden und der Stadtbus-Verkehr musste eingestellt werden. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk seien im Dauereinsatz, sagte eine Sprecherin der Stadt. Aus einem Mehrfamilienhaus mussten Bewohner evakuiert werden, da durch eingedrungenes Wasser die Möglichkeit eines Kurzschlusses bestanden habe.

Vor allem große Teile Baden-Württembergs und Bayerns erwartet ein Wochenende mit erheblichem Dauerregen. Es besteht laut Deutschem Wetterdienst (DWD) vielerorts die höchste Warnstufe. Regional könnten Niederschlagsmengen von bis zu 120 Liter pro Quadratmeter erreicht werden (Stand: Freitag, 31. Mai, 23 Uhr).

Landkreis in Bayern ruft Katastrophenfall aus

Ein Landkreis in Bayern hat am Freitagabend bereits den Katastrophenfall ausgerufen - ebenfalls vorbeugend. In der Region Günzburg gehe es darum, die potenziell betroffenen Städte und Gemeinden besser unterstützen zu können, teilte das Landratsamt mit. Dafür seien Einsatzkräfte aus dem gesamten Landkreis nötig. Camping-und Freizeitplätze an den Flüssen Günz, Kammel und Mindel sollten evakuiert werden - hier dürften während der Pfingstferien viele Gäste des Freizeitparks Legoland verweilen.

„Wir nehmen die Situation sehr ernst“, sagte Landrat Hans Reichhart (CSU). „Wir wollen, die Zeit, die wir jetzt noch haben, bis das Hochwasser den Landkreis Günzburg erreicht, optimal nutzen.“ Laut Wasserwirtschaftsamt könnte stellenweise ein Jahrhunderthochwasser erreicht werden.

Auch weiter westlich an der Donau, etwa in Neu-Ulm, sowie an deren Zuflüssen wird stellenweise mit einem Hochwasser gerechnet, das statistisch nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt und vergleichsweise stark ausfällt. Etwa im Landkreis Biberach wurden Menschen in betroffenen Gebieten dazu aufgerufen, auf ihre Sicherheit zu achten. Dort bestehe potenziell Lebensgefahr. Sie sollten Notfallgepäck vorbereiten.

Aufruf Warnapp aufs Smartphone zu laden

Und es sollte die NINA-Warnapp auf das Smartphone geladen werden, um zeitnahe Informationen zu erhalten - so eingestellt, dass bei einer Evakuierungsmeldung ein Alarm ertönt. „Dazu muss das Handy angeschaltet sein und darf sich nicht im Flugmodus befinden“, betonte etwa das Landratsamt Ravensburg.

Auch in anderen Regionen haben die Niederschläge die Wasserstände in Flüssen ansteigen lassen - und weitere Zuwächse werden erwartet. In Hessen ist laut dem regionalen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie ein statistisch nur alle 20 Jahre auftretendes Hochwasser an Rhein und Neckar möglich.

Im Osten Deutschlands müssen sich die Menschen laut DWD auf viel Regen, teils auch auf Gewitter einstellen. Allerdings treffe das Unwetter Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt voraussichtlich weniger stark als zunächst befürchtet.

apa/stol

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