Montag, 19. August 2024

Doppelmord in Innichen: Was in der Nacht geschah

11 Stunden lang hat Ewald Kühbacher von Samstagnacht bis Sonntagvormittag alles und jeden, der sich seiner Wohnung nähern wollte, mit Schüssen überzogen. Die Ermittler schilderten am Montag die dramatischen Stunden jener Nacht, in der er seinen 90-jährigen Vater Hermann und die 50-jährige Nachbarin Waltraud Jud erschoss.

Staatsanwältin Federica Iovene: „Mit dem Täter war keinerlei Gespräch möglich.“ - Video: stol

Dramatische Szenen haben sich in Innichen abgespielt: Stundenlang peitschten Schüsse durch die Samstagnacht, später durch den Sonntagvormittag. Als ein Sondereinsatzkommando die Dachgeschosswohnung in der St.-Korbinian-Straße Nr. 6 stürmte, waren 2 Menschen tot: die 50-jährige Waltraud Jud und der 90-jährige Hermann Kühbacher.

Das Haus in der St.-Korbinian-Straße Nr. 6: Die Wohnung der Familie Kühbacher liegt im vierten Stock, Waltraud Jud lebte im dritten. - Foto: © wib



Dessen Sohn Ewald (49) gilt als dringend tatverdächtig. Er soll seit Samstag um Mitternacht stundenlang von seinem Balkon in den Ort geschossen haben. Beim Zugriff der Einsatzkräfte erlitt er schwerste Verletzungen, denen er später im Spital erlag.

Die Opfer: die 50-jährige Waltraud Jud und der 90-jährige Hermann Kühbacher.



Inzwischen ist klar: Tatwaffe war eine Pistole, Kaliber 9. Die Ermittler fanden auch ein Luftdruckgewehr in der Wohnung. Ein großes Waffenarsenal, von dem noch am Sonntag die Rede war, war dort nicht. Bei der Pressekonferenz am Montagvormittag bestätigten Staatsanwältin Federica Iovene und Carabinieri-Landeskommandant Raffaele Rivola, dass Kühbacher aber in der Vergangenheit mehrfach Waffen ge- und wieder verkauft haben soll.

Waltraud Jud wollte wohl aus dem Haus fliehen

Der pflegebedürftige 90-jährige Hermann Kühbacher wurde tot in seinem Bett in der Wohnung im vierten Stock gefunden – wie es am Montag hieß, sei er von vorn von den Schüssen aus der Pistole getroffen worden.

Der Leichnam der 50-jährigen Nachbarin Waltraud Jud hingegen lag im Treppenhaus, als die Polizeikräfte das Haus stürmten: zwischen dem dritten und dem zweiten Stockwerk. Da Juds Wohnung im dritten liegt, ist davon auszugehen, dass sie versucht haben dürfte, aus dem Haus zu fliehen. Mehrere Schüsse trafen sie tödlich im Rücken.

„Beamte haben nicht geschossen“: Spezialkräfte werfen Blendgranaten in die Wohnung

Mit dem Täter sei keine Verhandlung möglich gewesen, sagten die Ermittler bei der Pressekonferenz am Montag. Spezialkräfte hätten sowohl telefonisch als auch vom Stiegenhaus aus versucht, mit Ewald Kühbacher zu sprechen. Doch zur Antwort hätten sie nur Schüsse erhalten.

Carabinieri-Landeskommandant Raffaele Rivola und Staatsanwältin Federica Iovene bei der Pressekonferenz. - Foto: © DLife



Von 2 Uhr bis zum Morgen wurde es still im Haus. „Für die Einsatzkräfte war zu dem Zeitpunkt aber nicht klar, ob der Täter noch lebt oder gar Geiseln genommen hat“, sagten die verantwortlichen Ermittler am Montag. Erst als klar war, dass Kühbacher sich allein in der Wohnung verschanzt hatte, konnten die Spezialkräfte diese stürmen.

Sie brachen die Tür auf, warfen so genannte Flashbang-Granaten: Diese erzeugen ein blendendes Licht und einen lauten Knall, der den bewaffneten Kühbacher außer Gefecht setzen sollte. „Die Einsatzkräfte haben keinen einzigen Schuss abgegeben“, betonte Staatsanwältin Iovene.

Kühbacher hatte sich in das hinterste Schlafzimmer zurückgezogen. Ohne Ausweg unternahm er dort – wie berichtet – einen Suizidversuch, dessen Folgen er wenige Stunden später erlag.

Noch 2 Frauen im Haus: „Konnten sie nicht evakuieren“

Ein Carabiniere, der sich mit anderen Einsatzkräften hinter einer Säule im Eingang des Nachbarhauses in Deckung bringen wollte, wurde von einem Querschläger getroffen und leicht verletzt. Umgehend riegelten die Carabinieri, die in der Nacht auch von den Beamten der Staatspolizei unterstützt wurden, das Gebiet um das Haus großräumig ab.

Mehrere Bewohner des Mehrfamilienhauses und Nachbarn verließen fluchtartig ihre Häuser, sie wurden in Sicherheit gebracht und verbrachten die Nacht in Ersatzunterkünften. Andere harrten in ihren Wohnungen aus, 2 ältere Frauen wurden am gestrigen Vormittag aus dem Haus geholt und vorsorglich zur Kontrolle ins Krankenhaus gebracht.

„Wir hatten die 2 Frauen telefonisch angewiesen, in ihren Wohnungen zu bleiben. Der Schütze hatte von seinen Balkonen nämlich ideales Schussfeld – eine Evakuierung wäre zu gefährlich gewesen“, erklärten die Ermittler am Montag.

Was zu der schrecklichen Bluttat geführt hat, liegt weiterhin im Dunkeln.

rc/kn/stol

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