Samstag, 28. Oktober 2023

Zommholten

„Sich auf den Trend hinauszureden, dass die Volksparteien europaweit an Zustimmung verlieren, damit macht man es sich zu einfach. Man braucht nicht weit schauen, dann merkt man, dass dieses Narrativ einfach nicht stimmt.“ Ein Kommentar von STOL-Ressortleiter Arnold Sorg.

Arnold Sorg: „Die SVP hat sich in den vergangenen Jahren vor allem um sich selbst gekümmert, während viele Bürger mit großen Problemen zu kämpfen hatten.“

Eine knappe Woche ist es her, dass die Landtagswahl in Südtirol geschlagen ist. Bei der Interpretation scheiden sich – wie meistens – die Geister: Während manche Journalistenkollegen im Land von einem großen Sieg für Landeshauptmann Arno Kompatscher schreiben, spricht die aktuelle SVP-Spitze selbst von einem ernüchternden Ergebnis. Der ehemalige SVP-Obmann Siegfried Brugger kommt im STOL-Podcast hingegen zu einem anderen Schluss und sieht eine „gewaltige Wahlschlappe“ für die Volkspartei (Hier können Sie den Podcast anhören).

Wenn man sich das Ergebnis anschaut und mit den vergangenen Landtagswahlen vergleicht, dann kann sich jeder selbst ein Bild machen, ob es nun ein Sieg oder eine Niederlage ist.

Es wäre ein Zeichen von Stärke, wenn man endlich einmal zugeben würde, dass man Fehler gemacht und deshalb an Zustimmung verloren hat.
Arnold Sorg


Aber ganz ehrlich: Um von einem Sieg für die SVP zu sprechen, muss man schon mit einer rosa Brille durchs Leben gehen. Seit 2013 hat die Volkspartei 5 Mandate verloren, und was die Vorzugsstimmen anbelangt, so hat es ebenfalls drastische Einbußen gegeben.

Noch schlimmer als der Verlust von Mandaten und Vorzugsstimmen wiegt aber das ewige Schönreden der Ergebnisse. Es wäre ein Zeichen von Stärke, wenn man endlich einmal zugeben würde, dass man Fehler gemacht und deshalb an Zustimmung verloren hat.

Sich auf den Trend hinauszureden, dass die Volksparteien europaweit an Zustimmung verlieren, damit macht man es sich zu einfach. Man braucht nicht weit schauen, dann merkt man, dass dieses Narrativ einfach nicht stimmt: In Bayern konnte die CSU ihre Stimmen halten, in Hessen hat die CDU sogar deutlich zugelegt.

Wenn die SVP wieder zu alter Stärke zurückfinden will, dann muss sie sich auf ihre alten Tugenden besinnen: Nach innen hart diskutieren, die besten Lösungen finden und dann nach außen mit geeinter Stimme sprechen.
Arnold Sorg


Es liegt also nicht am Wesen der Volksparteien selbst, dass sie an Zustimmung verlieren, sondern an der Politik. Und in Südtirol fällt zudem, wenn man sich das Wahlergebnis anschaut, eines auf: Die SVP wird immer mehr zu einer Städtepartei. In den Städten hat die Volkspartei gut abgeschnitten, auf dem Land hingegen drastische Verluste eingefahren. Warum? Weil die SVP den Kontakt zur Bevölkerung komplett vernachlässigt. Sie hat sich in den vergangenen Jahren vor allem um sich selbst gekümmert, während viele Bürger mit großen Problemen zu kämpfen hatten.

Und ja, auch Wolf und Bär sind ein Thema auf dem Land. Ein großes Thema. Das hat die Landesregierung bis kurz vor den Wahlen nicht ernstgenommen und als Randproblem abgetan. Wenige Wochen vor der Wahl wurde dann plötzlich ein Landesgesetz verabschiedet, mit dem man Wölfe entnehmen kann. Bloß: Es war zu offensichtlich. So kurz vor den Wahlen.

Wenn die SVP wieder zu alter Stärke zurückfinden will, dann muss sie sich auf ihre alten Tugenden besinnen: Nach innen hart diskutieren, die besten Lösungen finden und dann nach außen mit geeinter Stimme sprechen. Und vor allem: Sich um die Bürger kümmern. Und nicht nur um sich selbst. Dann macht der Slogan „Zusammenhalten“ auch wirklich Sinn. Denn ehrlich: Vor dem Hintergrund der monatelangen Streitereien in der SVP wirkte dieser Wahlslogan bei dieser Wahl eher wie Satire.

arnold.sorg@athesia.it

stol

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