Montag, 17. Juni 2024

Zahl weltweit einsatzbereiter Atomwaffen steigt an

Die Anzahl der weltweit einsatzbereiten Atomwaffen ist im vergangenen Jahr abermals gestiegen. Zwar würden Sprengköpfe ausrangiert und die Zahl der Kernwaffen sinke seit Jahrzehnten, schreibt das Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI in seinem am Montag veröffentlichten Jahresbericht. Zugleich würden aber immer mehr Sprengköpfe einsatzbereit gehalten. Zugenommen hat auch die Zahl von in Entwicklung befindlicher Kernwaffen.

Russland und die USA besitzen die meisten Atomwaffen. - Foto: © APA/AFP / JOHN MACDOUGALL

Vom weltweiten Gesamtbestand der schätzungsweise 12.121 Sprengköpfe im Jänner 2024 befanden sich etwa 9.585 in militärischen Lagerbeständen für den potenziellen Einsatz. Rund 3.904 dieser Sprengköpfe waren auf Raketen und Flugzeugen bestückt - 60 mehr als im Jänner 2023. Der Rest befand sich laut Bericht in Zentrallagern.

Die Experten erwarten, dass sich der Trend in den kommenden Jahren fortsetzen und noch beschleunigen wird, was „äußerst besorgniserregend“ sei. SIPRI zufolge verfügen neun Länder über Atomwaffen. Spitzenreiter sind dabei USA und Russland. In ihren Beständen befinden sich etwa 90 Prozent aller nuklearen Sprengköpfe. Großbritannien rangiert auf dem dritten Platz gefolgt von Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel. Zum ersten Mal soll auch China einige Sprengköpfe in hoher Alarmbereitschaft halten.

Das dortige allgemeine Atomwaffenarsenal stieg von 410 im Jänner 2023 gezählten Sprengköpfen auf 500 im Jänner 2024. „China baut sein Atomwaffenarsenal schneller aus als jedes andere Land“, sagte SIPRI-Experte Hans Kristensen. Doch ausnahmslos alle nuklear bewaffneten Staaten hätten Bestrebungen, die Bestände weiter aufzustocken.

Dabei will sich aber keiner so recht in die Karten schauen lassen. Die Transparenz in Bezug auf die Nuklearstreitkräfte der beiden führenden Länder habe nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 abgenommen, beklagen die SIPRI-Experten. Auch in den übrigen Ländern sei die Transparenz zurückgegangen. An Bedeutung gewonnen habe hingegen die Debatte über Vereinbarungen zur gemeinsamen Nutzung von Atomwaffen.

Atomdiplomatie für Atomdiplomatie

„Wir haben seit dem Kalten Krieg nicht mehr erlebt, dass Atomwaffen eine so herausragende Rolle in den internationalen Beziehungen spielen“, sagte Wilfred Wan, Leiter des SIPRI-Programms für Massenvernichtungswaffen.

Die Atomdiplomatie hat seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 mehrere Rückschläge erlitten. Kremlchef Wladimir Putin hatte im Februar 2023 den Abrüstungsvertrag „New Start“ - den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA - außer Kraft gesetzt. Dieser begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder und regelt Inspektionen. Auch Gespräche über ein Nachfolgeabkommen für den 2026 auslaufenden Vertrag wurden auf Eis gelegt.

Im November 2023 zog Russland seine Ratifizierung des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) zurück und begründete dies mit einem „Ungleichgewicht“ gegenüber den USA, die den Vertrag nicht ratifiziert hatten, seit er 1996 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde. Zuletzt kündigte Russland im Mai 2024 taktische Atomwaffenübungen nahe der ukrainischen Grenze an.

apa

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