Freitag, 22. März 2024

Ukraine: Massive russische Angriffswelle auf Energieanlagen

Bei den schwersten russischen Angriffen auf die ukrainische Energie-Infrastruktur seit Kriegsbeginn sind in der Nacht auf Freitag mindestens 2 Menschen getötet worden. 14 Menschen seien verletzt worden, teilte das Innenministerium in Kiew mit. 3 Menschen würden vermisst. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, sie habe bei den massiven Angriffen in der Nacht 92 von 151 russischen Raketen und Drohnen abgeschossen. Mehr als eine Million Menschen waren ohne Strom.

Immer wieder werden Atomkraftwerke in der Ukraine beschossen (im Bild die Anlage von Saporischschja im Juli 2023). - Foto: © APA/AFP / ANATOLII STEPANOV

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte auf Telegram: „Der Welt werden die Ziele der russischen Terroristen klar vorgeführt: Kraftwerke und Energieversorgung, ein Staudamm, gewöhnliche Wohngebäude und sogar ein Oberleitungsbus.“

Getroffen wurde demnach die größte Talsperre des Landes. Es bestehe jedoch kein Risiko eines Bruchs, teilte der Betreiber des Wasserkraftwerks mit. Es gebe ein Feuer in der Anlage. Mitarbeiter und Notfalldienste seien im Einsatz.

Keine Gefahr für das Atomkraftwerk Saporischschja

Auch eine Stromleitung zum Atomkraftwerk Saporischschja wurde unterbrochen. Die Hochspannungsleitung Dniprowskaja sei in der Früh ausgefallen, teilte die Kraftwerksleitung des vom russischen Militär besetzten Kraftwerks im Süden der Ukraine auf Telegram mit.

Die Stromversorgung gewährleiste eine Ersatzleitung, Gefahr für die Sicherheit des AKW bestehe nicht, hieß es weiter. Saporischschja ist schon mehrfach unter Beschuss geraten. Wegen der Sicherheitsbedenken wurden die Reaktoren schließlich heruntergefahren, müssen aber weiter gekühlt werden.

Saporischschja ist das größte Atomkraftwerk Europas. - Foto: © APA/AFP / OLGA MALTSEVA



Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmychal betonte, dass die Lage im ukrainischen Energiesystem „grundsätzlich unter Kontrolle“ sei. Es gebe keine Notwendigkeit zur Aktivierung von Notfallplänen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Ukrinform. An der Behebung der Schäden werde bereits gearbeitet.

Luftalarm in der Nacht

In der Großstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine gab es nach Angaben des Bürgermeisters am Freitag in der Früh etwa 15 Explosionen wegen russischer Raketenangriffe. Ihor Terechow zufolge waren die Angriffe darauf angelegt, die Stromversorgung der Stadt zu zerstören. Teilweise sei es zu Stromausfällen in der ganzen Stadt gekommen.

In der Nacht herrschte in weiten Teilen der Ukraine Luftalarm. Nach Angaben der ukrainischen Flugabwehr hatte Russland Marschflugkörper von strategischen Bombern des Typs Tu-95 aus dem Raum rund ums Kaspische Meer abgeschossen.

Später wurden auch Angriffe mit Drohnen und ballistischen Raketen, unter anderem vom Typ Kinschal, gemeldet. Ins Visier gerieten praktisch alle Landesteile der Ukraine von Lwiw im Westen bis nach Donezk im Osten, von Charkiw und Sumy im Norden bis nach Odessa und Mykolajiw im Süden.

„Versuch, einen großflächigen Ausfall herbeizuführen“

Einschläge auf Energieobjekte gab es offiziellen Angaben nach unter anderem in Mykolajiw, Saporischschja, Dnipropetrowsk, Charkiw, Lwiw und Sumy. „Das Ziel (der Angriffe) besteht nicht nur darin, das Energiesystem des Landes zu beschädigen, sondern wie im letzten Jahr erneut zu versuchen, einen großflächigen Ausfall herbeizuführen“, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko auf Facebook.

Beim Beschuss der westrussischen Regionen Belgorod und Kursk durch die Ukraine gab es offiziellen Angaben nach mindestens eine Tote und mehrere Verletzte. In Belgorod sei eine Frau beim Ausführen ihrer Hunde durch einen Einschlag ums Leben gekommen, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow am Freitag auf Telegram mit. 2 weitere Personen seien verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden; eine Frau mit Splitterverletzungen an den Beinen und ein Mann mit einem Schädeltrauma. Zudem seien Wohnhäuser und Autos beschädigt worden, teilte Gladkow weiter mit.


apa/dpa/reuters

Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden