Sonntag, 4. August 2024

Tschetschenische Kritik an Gefangenenaustausch

Der tschetschenische Exilpolitiker Khuseyn Iskhanov übt Kritik am großen Gefangenaustausch zwischen Russland und dem Westen. Dass einerseits der Mörder eines aus Georgien stammenden Tschetschenen an Moskau übergeben worden sei, andererseits aber keine in russischer Haft befindlichen Tschetschenen berücksichtigt worden seien, sei ein weiterer „Verrat an den Interessen des tschetschenischen Volkes“, sagte der in Österreich lebende Iskhanov am Wochenende der APA.

Freigelassene russische Gefangene bei ihrer Ankunft in Moskau. - Foto: © APA/AFP/POOL / KIRILL ZYKOV

Während Tschetschenen derart wie Menschen zweiter Klasse behandelt würden, werde mit den freigelassenen Russen zudem Propaganda dafür betrieben, dass in Russland nach einem Abtritt Putins alles wieder in Ordnung sein würde, erklärte der Obmann des Vereins „Vereinigung der tschetschenischen Demokraten“ mit Sitz in Wien. Der nun freigelassene russische Politiker Ilja Jaschin habe zwar mit Kritik an Ramsan Kadyrow, dem von Wladimir Putin eingesetzten Herrscher Tschetscheniens, eine politische Karriere machen wollen, sei jedoch wie viele andere Oppositionspolitiker aus Russland letztlich auch „Anhänger eines russischen Imperiums“, erläuterte er.

Als problematisch erachtete Iskhanov insbesondere auch die Botschaft, welche die Freilassung von Wadim Krassikow aussende. Letzterer war 2021 für den Mord am aus Georgien stammenden Tschetschenen Selimchan Changoschwili im Kleinen Tiergarten in Berlin-Moabit zu lebenslanger Haft verurteilt und am Donnerstag vom russischen Präsidenten herzlich am Moskauer Flughafen Wnukowo empfangen worden. „Putin garantiert diesen Mördern damit faktisch, dass sie wen auch immer in Europa umbringen können und er sie zurückholen wird“, sagte der Exilpolitiker. Freilich habe man sich auch bisher in einem gewissen Ausmaß nicht sicher gefühlt, erklärte er mit Verweis auf die Morde am ehemaligen Kadyrow-Leibwächter Umar Israilow 2009 in Wien sowie des Videobloggers Martin B. alias „Ansor aus Wien“ in Gerasdorf 2020.

In den beiden Causen waren aus Tschetschenien gebürtige Täter, die laut Ansicht von Ermittlern auf Zuruf von Kadyrow und seinem nächsten Umfeld gehandelt hatten, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Während über den Ansor-Mörder Sar-Ali A. seit seiner Verurteilung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe nichts bekannt wurde, ist in tschetschenischen Kreisen von einem besonderen Status von Otto K. unter inhaftierten Landsleuten die Rede. K. war als Beitragstäter für die Planung des Israilow-Mordes zu einer lebenslänglichen Haft verurteilt worden. Laut K.s Anwalt Rudolf Maier käme in seinem Fall theoretisch eine Auslieferung nach Russland in Frage, das im Rahmen internationaler Verträge die weitere Strafvollstreckung übernehmen könnte. „Im letzten Jahr hat man aber gesagt, dass er nicht ausgeliefert wird“, erklärte Maier vergangene Woche gegenüber der APA.

apa

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