Donnerstag, 12. Oktober 2023

Parteien-Check: Was will La Civica?

Die Landtagswahlen in Südtirol rücken näher: 16 Listen mit insgesamt 488 Kandidaten bewerben sich am 22. Oktober um die 35 Plätze im Hohen Haus. STOL hat für Sie einen Blick in die Wahlprogramme geworfen und stellt Ihnen in der Serie Parteien-Check wertungsfrei vor, welche Vorschläge, Problemlösungen und Visionen die einzelnen Parteien für die Zukunft unseres Landes haben. Heute steht die Bürgerliste La Civica im Fokus.

Heute im Fokus: La Civica.

Von:
Philipp Trojer
Die Bürgerliste La Civica tritt mit einem 8-seitigen Wahlprogramm in italienischer Sprache bei den Landtagswahlen an. Die Liste begreift sich als eine moderne und ideologieübergreifende Koalition, die sich darauf konzentriert, die praktischen Probleme der Bürger zu lösen.

Im Vorwort übt die Liste einiges an Kritik an der Art, wie auf Landesebene Politik gemacht wird und legt dar, warum sie als eigene Liste in den Wahlkampf zieht: Ihr geht es vor allem darum, dass die städtischen und ländlichen Gebiete in Südtirol in den Entscheidungen auf Landesebene mehr Berücksichtigung erfahren.

Hier ein Überblick über das Wahlprogramm von La Civica.

Wohnen

La Civica will die Steuerlast auf Wohnungen reduzieren, die zum Wohnzweck genutzt werden. Außerdem setzt sich die Liste für die Einführung eines Anreizsystems und Garantien für Vermieter, die ihre Wohnungen zu regulierten Preisen vermieten, ein – dies auch zum Schutz bei Problemen mit ausstehenden Mietzahlungen.

Ziel der Liste ist es zudem, Südtirol für Studenten aus aller Welt attraktiv zu machen, indem ihnen günstige Wohnungen auf der Grundlage finanzieller Bedürfnisse und akademischer Leistungen garantiert werden. Es wird betont, dass die steigende Studentenpopulation nicht zu einer Erhöhung der Mietpreise führen dürfe. Insbesondere Bozen und Meran sollen städtebauliche Innovationen eingeführt werden. Dies kann die Schaffung neuer Studentenwohnheime oder die Umwandlung bestehender Gebäude in solche Unterkünfte beinhalten.

Bezahlbaren Wohnraum begreift La Civica als Recht der Bürger in Südtirol: Dies erfordere gezielte Maßnahmen der Politik, etwa die Umwidmung kleinerer landwirtschaftlicher Flächen für den Wohnbau.

Angesichts der hohen Zahl von Trennungen und Scheidungen in Südtirol, bei denen oft Kinder betroffen sind, betont La Civica, dass das Wohl der Kinder an erster Stelle stehen sollte. Eltern, die aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen müssen, sollen Zugang zu WOBI-Wohnungen haben, um mit ihren Kindern für mindestens 4 bis 5 Jahre zusammenleben zu können, bis sie eine dauerhafte Lösung finden.

Sicherheit

„La Civica“ befürwortet die Installation von Videoüberwachungskameras in städtischen Zentren. Diese sind Teil eines umfangreicheren Projekts namens „Controllo di vicinato“ (Nachbarschaftsüberwachung), das bereits in vielen italienischen Gemeinden umgesetzt wird und in Meran gestartet werden soll.

Die Zusammenarbeit zwischen Landesregierung, Gemeinden und lokalen Behörden will die Liste verstärken, mit dem Ziel das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Verfahren zur Installation von Überwachungskameras zu will La Civica vereinfachen und die Orts- und Stadtpolizei reformieren: Dies würde eine verpflichtende Ausbildung der Beamten nach dem Vorbild des Trentino beinhalten. Die Beamten sollten mit der notwendigen Ausrüstung und Schulung ausgestattet sein, um Situationen sicher zu bewältigen, die bisher nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich lagen.

Zudem schlägt die Liste vor, eine grüne Notrufnummer für die Koordination der Gemeindepolizeien nach dem Vorbild des Zivilschutzes einzuführen. Dies würde eine zentralisierte und effiziente Reaktion auf Notfälle ermöglichen.

Mobilität und Transport

„La Civica“ unterstützt den Bau von Tunneln für Umfahrungsstraßen in städtischen Gebieten, wie etwa die SS12. Dies soll dazu beitragen, städtische Zentren vom Verkehr zu befreien. Die A22 will die Liste vor allem im Abschnitt Bozen umgestalten: Vorstellbar sei eine Verlegung der Autobahn in einen Tunnel. Die Ausfahrt Bozen Süd will die Liste effizienter gestalten.

Den öffentlichen Verkehr zwischen der Landeshauptstadt und den umliegenden Gebieten will die Liste ausbauen, um den Privatverkehr zu reduzieren. Zudem will die Liste die Arbeitsbedingungen der Busfahrer verbessern: Dabei geht es um höhere Gehälter und Schichtpläne, die familiäre Bedürfnisse berücksichtigen.

Öffentliche Finanzen, Wirtschaft und Nachhaltigkeit

La Civica will eine nachhaltige Entwicklung in etablierten Wirtschaftssektoren, wie dem Tourismus und der Landwirtschaft, fördern, dabei aber auch neuen Sektoren Chancen bieten.

Ein gemeinsames Arbeitsforum zwischen Provinz und Unternehmen soll ins Leben gerufen werden, um die Bedürfnisse der Wirtschaft nach der pandemiebedingten Krise zu ermitteln. Zudem will die Liste öffentliche Ausgaben prüfen und neu ausrichten. Außerdem schlägt sie eine Wiedereinführung eines Rotationsfonds für Gemeinden vor, um öffentliche Investitionen zu fördern.

Steuern für Unternehmensimmobilien will die Liste senken, den Einsatz von erneuerbaren Energien fördern. Außerdem fordert La Civica Bürokratieabbau und die Zusammenlegung von Gesetzen in sogenannten Gesamttexte. Die Gründung neuer Unternehme soll durch Anreize gefördert werden.

Nachhaltigkeit ist ein zentraler Faktor für die Liste: Umweltschutz sollte integraler Bestandteil der Entwicklungspläne in allen Sektoren sein. Daher will sie in Forschung, vor allem im Umweltbereich, investieren. Einrichtungen wie IDM und NOI sollen zur Förderung nachhaltigen Tourismus und Landwirtschaft beitragen. Neue digitale Technologien, wie die Blockchain, sollen zur Rückverfolgung von Produktionsprozessen eingesetzt werden.

Fördern will La Civica außerdem Energiegemeinschaften, die es Unternehmen ermöglichen, Netzwerke zu bilden und erneuerbare Energiequellen zu nutzen.

Sanität

La Civica möchte das Südtiroler Gesundheitssystem überarbeiten, beginnend mit einer tiefgehenden Analyse der aktuellen Situation. Ein Arbeitstisch soll Ärzte, Kinderärzte, Apotheker, Krankenpfleger und andere Fachkräfte vereinen, um zukünftige Organisationsmodelle zu überdenken. Der Gesundheits- und Sozialbereich sollen integriert und vollständig digitalisiert werden.

Außerdem fordert die Liste die Reduzierung von Verwaltungspersonal zugunsten von medizinischem Personal und eine Zentralisierung von Fachbereichen in großen Krankenhäusern. Wartezeiten sollen durch den Übergang zu einem freien und wettbewerbsfähigen System reduziert werden.

Präventionsmaßnahmen, Screenings und den Schutz gefährdeter Personen will die Liste durch verstärkte Nutzung von Digitaltechnologie und Telemedizin fördern. Den Bilinguismus in der Sanität will La Civica überdenken: Die Kompetenz der Mediziner sollte im Vordergrund stehen, gefolgt von der Sprache.

Haustiere

La Civica plant, die finanzielle Last für die obligatorische genetische Erfassung von Hunden ab 2024 von den Besitzern auf die Provinz zu übertragen.

Außerdem will die Liste im Gebiet Bozen-Unterland, Brixen-Bruneck und im Burggrafenamt jeweils ein Zentrum errichten, um Haustieren alle notwendigen Dienstleistungen zu bieten. Diese Anlagen sollen als Mehrzweckbereiche für die Öffentlichkeit dienen, ausgestattet mit gesundheitlichen Einrichtungen für Haustiere, Tierheimen, Agility Dog-Bereichen, Pet-Therapie und Grünflächen.

Jugend, Schule, Universität und Sport

La Civica setzt sich für multikulturelle und zweisprachige Schulen ein, besonders in größeren Städten. Sollte dieses Modell nicht eingeführt werden, müsse die italienische Schule alternative Methoden finden, um das Erlernen der deutschen Sprache zu fördern. Der Zweisprachigkeitsausweis in einer neuen Version sollte bereits am Ende der Oberstufe erworben werden können.

Die Schule als erste Sozialisationsumgebung für Kinder nach der Familie plant die Liste, die Schulen in Südtirol sowohl strukturell als auch personell zu stärken, um eine zukunftsfähige Gesellschaft aufzubauen.

Außerdem fordert La Civica eine engere Zusammenarbeit der Universität Bozen mit städtischen und ländlichen Gebieten, insbesondere mit der lokalen Wirtschaft. Die dreisprachige Universität sollte ein Katalysator für die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Provinz sein.

Sport will die Liste in allen Lebensbereichen für junge und ältere Menschen fördern und wirtschaftlich benachteiligten Personen den erleichterten Zugang zu Sporteinrichtungen ermöglichen.

Zudem plant die Liste eine Kartierung der Sportaktivitäten auf Provinzebene, um zu überprüfen, ob städtische Gebiete, in denen die Bevölkerungsdichte am höchsten ist, ausreichend über Sport- und Freizeiteinrichtungen verfügen.

Das Wahlprogramm von La Civica in vollem Umfang finden Sie im unten eingefügten PDF.



Alle anderen Parteien und Listen, die bei den Landtagswahlen 2023 antreten, im Parteien-Check von STOL finden Sie hier.

pho

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