Donnerstag, 26. September 2024

Österreich wählt einen neuen Nationalrat: Fragen und Antworten

Am Sonntag, 29. September, wird in Österreich der Nationalrat gewählt. Das heißt, die Österreicherinnen und Österreicher können die 183 Abgeordneten des Nationalrats neu bestimmen. Was ist der Nationalrat und welche Aufgaben hat er? Wie wird gewählt? Wer zieht in das Hohe Haus ein? Antworten auf diese Fragen finden Sie hier.

Österreich wählt am Sonntag ein neues Parlament. - Foto: © APA / ROLAND SCHLAGER

Die Wahl des neuen Regionalrats in Österreich geschieht diesmal ganz regulär 5 Jahre nach der letzten Wahl. Manchmal wird auch vorzeitig neu gewählt, wenn die Regierungsparteien nicht mehr weiter zusammenarbeiten wollen. Der Nationalrat ist eine der beiden Kammern im Parlament und hat mehrere wichtige Aufgaben.

Was sind die Aufgaben des Nationalrats?

Die wichtigsten Aufgaben des Nationalrats sind das Beschließen von Gesetzen und die Kontrolle der Regierung. Vorschläge für neue Gesetze oder Gesetzesänderungen werden von den Abgeordneten kritisch geprüft und diskutiert. Für den Beschluss von Gesetzen muss eine Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmen. Bei Verfassungsbestimmungen braucht es sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Die Kontrolle der Regierung funktioniert etwa durch schriftliche oder dringliche Anfragen. Die Abgeordneten können so Auskünfte von den Ministerinnen und Minister über deren Arbeit verlangen. Der Nationalrat kann außerdem die Regierung jederzeit mit einem Misstrauensvotum stürzen. Dafür muss die Mehrheit einem Misstrauensantrag gegen ein Regierungsmitglied oder die gesamte Bundesregierung zustimmen. Bei Bedarf gibt es außerdem Untersuchungsausschüsse, um die politischen Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung und bestimmter Vorgänge in der Bundesverwaltung zu prüfen.

Wer sitzt im Nationalrat?

Im Parlament sollen möglichst alle Interessen der Bevölkerung vertreten sein. Deshalb werden die 183 Sitze im Nationalrat im Verhältnis der bei der Wahl erhaltenen Stimmen auf die politischen Parteien verteilt. Die Parteien senden dann die Kandidatinnen und Kandidaten ihrer Wahllisten als Abgeordnete ins Parlament. Mehrere Parteien, die gemeinsam eine Mehrheit haben – also mindestens 92 der 183 Abgeordneten – schließen sich dann meist zusammen, um eine Regierung zu bilden. Die übrigen Parteien nennt man Opposition.

Derzeit gibt es 5 Parteien im Nationalrat: ÖVP und Grüne sind die Regierungsparteien, die Oppositionsparteien sind SPÖ, FPÖ und NEOS. Von den 183 Abgeordneten sind derzeit 75 Frauen (41 Prozent), das Durchschnittsalter beträgt 51,8 Jahre.

Wie arbeitet der Nationalrat?

Die 183 Abgeordneten treffen sich regelmäßig meist an 2 oder 3 Tagen pro Monat zu Sitzungen im Parlament. Dabei wird diskutiert und über Gesetzesvorschläge abgestimmt. Bei den Debatten kommen alle Parteien zu Wort. Zur detaillierten Beratung über geplante Gesetze gibt es für einzelne Themen Ausschüsse, die aus kleineren Gruppen von Abgeordneten bestehen.

Auch in den Ausschüssen sind alle Parteien verkleinert im Verhältnis zu ihrer Stärke im Parlament vertreten. Nachdem es eine Mehrheit für einen Gesetzesvorschlag im Ausschuss gibt, wird im Plenum – der Sitzung mit allen Abgeordneten – noch einmal darüber diskutiert und abgestimmt.

Und was ist der Bundesrat?

Das Parlament besteht aus 2 Kammern, die gemeinsam für die Gesetzgebung zuständig sind. Der Nationalrat ist eine davon, die zweite, kleinere Kammer heißt Bundesrat. Die Mitglieder werden nicht gewählt, sondern von den Landtagen der neun Bundesländer entsandt.

Daher wird er auch Länderkammer genannt. Die Nationalratswahl hat also keinen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundesrats. Der Bundesrat bekommt alle Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats übermittelt. Er kann dagegen Einspruch erheben, Gesetzesbeschlüsse aber in der Regel nicht verhindern, sondern nur aufschieben.

Wie wird gewählt?

Mehr als 6,3 Millionen Menschen können bei der Nationalratswahl in Österreich ihre Stimme abgeben. Damit diese auch zählt, muss der Stimmzettel im Wahllokal eindeutig ausgefüllt werden – das Kreuz bei einer Partei ist dabei zwar die Norm, aber nicht die einzig gültige Variante. Wer am 29. September verhindert ist, kann seine Stimme auch per Briefwahl abgeben.

Auf welche Art kann gewählt werde?

Grundsätzlich wird im Wahllokal oder per Briefwahl gewählt. Im Vorfeld der Nationalratswahl schicken die Gemeinden Wählerinnen und Wählern eine „amtliche Wahlinformation“ mit dem zuständigen Wahllokal und dessen Öffnungszeiten am Wahltag zu – dies ist bereits erfolgt. Wer am Wahltag voraussichtlich verhindert ist, fordert eine Wahlkarte an – schriftlich ist das bis zum 25. September möglich.

Wie wird der Stimmzettel richtig ausgefüllt?

Im Wahllokal erhält man von der Wahlleiterin oder dem Wahlleiter den amtlichen Stimmzettel sowie ein leeres blaues Kuvert. Der Stimmzettel wird dann geheim in der Wahlkabine ausgefüllt, in das Kuvert gelegt und in die Wahlurne geworfen.

In der Wahlkabine markiert man in der Regel mit einem Kreuz die gewünschte Partei. Gültig ausgefüllt ist der Stimmzettel aber immer dann, wenn die gewählte Partei eindeutig gekennzeichnet ist. Die Stimme wird also auch gezählt, wenn die Partei angehakt statt angekreuzt ist oder alle Parteien bis auf eine durchgestrichen sind.

Zudem ist es möglich, Kandidaten oder Kandidatinnen der gewählten Partei Vorzugsstimmen zu geben. Dabei kann man maximal je eine Person aus der Regional-, Landes- und Bundesparteiliste wählen. In den dafür vorgesehenen Feldern trägt man dazu deren Namen oder deren Reihungsnummern ein, die sich aus den Parteilisten ergeben. Personen aus dem Regionalwahlkreis können am Stimmzettel angekreuzt werden.

Nicht möglich ist, eine Partei zu wählen und gleichzeitig Vorzugsstimmen für Personen aus einer anderen Partei zu vergeben. Dann erhält die gewählte Partei die Stimmen, die Vorzugsstimmen verfallen – Kreuzerl sticht Vorzugsstimme. Wird nur eine Vorzugsstimme vergeben, aber keine Partei angekreuzt, so entfällt die Stimme auf jene Partei, der diese Person angehört.

Wer zieht in den Nationalrat ein?

Bei der Nationalratswahl am 29. September wählen die Österreich die Zusammensetzung ihres zukünftigen Parlaments. Welche Parteien tatsächlich in das Hohe Haus einziehen, ist davon abhängig, wie viele Stimmen sie erhalten. Wie werden die Mandate verteilt? Was verbirgt sich hinter der Vier-Prozent-Hürde und was ist mit einem Direkt- bzw. Grundmandat gemeint?

Wie viele Mandate gibt es zu verteilen?

Insgesamt werden 183 Sitze vergeben. Die Verteilung läuft zunächst über 39 Regional- und neun Landeswahlkreise. Die Reststimmen werden dann in einem sogenannten dritten Ermittlungsverfahren auf Bundesebene vergeben. Wie viele Mandate in den Regionalwahlkreisen verteilt werden, richtet sich nach der Einwohnerzahl gemäß der Volkszählung. Jedes Bundesland (und jeder Wahlkreis) bekommt eine Maximalzahl an Mandaten zugewiesen, die dort verteilt werden können.

Die meisten stehen dem einwohnerstärksten Bundesland Niederösterreich (nämlich 37) zu, Wien hat 33, Oberösterreich 32, die Steiermark 27, Tirol 16, Kärnten 12, Salzburg 11, Vorarlberg 8 und das Burgenland 7. Dementsprechend unterschiedlich hoch ist auch die Zahl der im Regionalwahlkreis zu vergebenden Mandate.

Wie werden die Mandate verteilt und was ist ein Direktmandat?

Am Wahltag werden zunächst die auf die Parteien entfallenen Stimmen gezählt. Dann prüft man, ob eine Partei die in einem Wahlkreis für ein Direktmandat nötige Stimmenanzahl erreicht hat. Diese wird durch die sogenannte Wahlzahl bestimmt. Die Wahlzahlen für das erste (Regionalwahlkreis) und das zweite (Landeswahlkreis) Ermittlungsverfahren werden nach dem sogenannten Hare'schen System ermittelt.

Dafür wird die Gesamtsumme der im Bundesland abgegebenen gültigen Stimmen durch die in diesem Landeswahlkreis zu vergebenden Mandate geteilt. Im dritten, bundesweiten Ermittlungsverfahren ist es etwas schwieriger. Hier wird die Wahlzahl durch das sogenannte D'Hondtsche Verfahren festgelegt. Dafür werden die jeweils von den Parteien erreichten Stimmen durch 2, 3, 4, 5 usw. geteilt und in absteigender Reihenfolge sortiert. Die 183-größte Zahl ergibt dann die Wahlzahl für diese Stufe.

Was verbirgt sich hinter der „Vier-Prozent-Hürde“?

Um an der Verteilung der Sitze teilnehmen zu können, muss eine Partei entweder ein Direktmandat, auch Grundmandat genannt, oder bundesweit mindestens vier Prozent der Stimmen erhalten. Letztere Mindestanforderung nennt man auch die „Vier-Prozent-Hürde“.

Dass eine Partei weniger als 4 Prozent der Stimmen aber ein Grundmandat erzielt und auf diese Weise den Einzug in das Hohe Haus geschafft hat, ist in der Zweiten Republik bis dato noch nicht vorgekommen. Grund- bzw. Direktmandate werden für gewöhnlich nur von den größeren, etablierten Parteien ergattert.

apa/stol

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