Mittwoch, 3. Juli 2024

Nach Rassismus-Enthüllungen: Meloni rügt ihre Partei

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ruft die eigene Partei nach Enthüllungen über rassistische und antisemitische Äußerungen in der Jugendorganisation zur Ordnung. Die Vorsitzende der größten Regierungspartei Fratelli d'Italia schrieb in einem veröffentlichten Brief: „Bei den Fratelli d'Italia ist kein Platz für rassistische oder antisemitische Positionen.“ Wer dies anders sehe, müsse gehen.

FdI-Chefin Giorgia Meloni distanziert sich von rassistischen und faschistischen Kräften innerhalb ihrer Partei. - Foto: © APA/afp / LUDOVIC MARIN

Die Regierungschefin reagierte damit auf die Ergebnisse einer verdeckten Recherche in der Jugendorganisation ihrer Partei, Gioventù Nazionale. Dabei hatten Journalisten des Nachrichtenportals „Fanpage“ offen faschistische, rassistische und antisemitische Äußerungen aufgedeckt, bis hin zu Rufen wie „Sieg Heil“.

In Video-Aufnahmen ist zu sehen, wie vom Nachwuchs der faschistische Gruß gezeigt wird. Auch eine jüdische Senatorin der Fratelli, Ester Mieli, wurde verächtlich gemacht.

Meloni: „Unsere Aufgabe ist zu groß, um sie ruinieren zu lassen“

Die erst 2012 gegründete Partei hat ihre Wurzeln in Italiens postfaschistischer Bewegung. Meloni war früher selbst in der Jugendorganisation der Vorgängerpartei MSI, die von Anhängern des faschistischen Diktators Benito Mussolini (1883-1945) gegründet wurde.

In dem Brief schreibt sie nun: „Unsere Aufgabe ist zu groß, als dass diejenigen, die ihre Tragweite nicht verstanden haben, sie ruinieren dürften. Ich habe keine Zeit – und wir auch nicht – mit denen zu vergeuden, die nicht verstehen, was die Fratelli d'Italia und was die großen Herausforderungen unserer Zeit sind.“

Meloni steht seit Oktober 2022 als erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung. Bei der Europawahl im vergangenen Monat konnte sie das Ergebnis der Parlamentswahl auf annähernd 29 Prozent sogar verbessern. In der EU und der NATO zeigte sie sich bisher zuverlässig.

Trotzdem gibt es weiterhin Skepsis, wie weit ihre Distanzierung vom Faschismus tatsächlich reicht. Vergangene Woche hatte sie sich in einer ersten Reaktion über die Methoden der Investigativ-Reporter beschwert.

„Raus mit denen, die uns umkehren lassen wollen“

In dem Brief mahnte sie die eigene Partei auch, sich nicht zum „Werkzeug in den Händen des Gegners“ machen zu lassen. Wer das nicht verstehe, könne „nicht Teil der Fratelli d'Italia sein“. Wörtlich fügte sie hinzu: „Raus mit denen, die uns umkehren lassen wollen.“

In der Partei sei kein Platz „für Nostalgiker des Totalitarismus des 20. Jahrhunderts oder für jegliche Manifestation dummer Folklore“. Den Begriff Antifaschismus verwendet Meloni in dem Schreiben nicht. Sie bezeichnet sich auch nicht als Antifaschistin.

Kompatscher: „Landesregierung hat sich bereits distanziert“

Auch in Südtirol sorgten die Enthüllungen rund um die Jugendbewegung von Fratelli d'Italia „Gioventù Nazionale“ für Aufsehen: So antwortete Landeshauptmann Arno Kompatscher auf eine Landtagsanfrage des Grünen Landtagsabgeordneten Zeno Oberkofler, dass es sehr häufig geschehe, dass die Landesregierung mit tagesaktuellen Vorfällen in Bezug auf faschistische, faschistoide Aussagen konfrontiert werde.

Man habe sich in der Regierungserklärung gegen jede Form der Diskriminierung und Ausgrenzung, gegen den Faschismus und die faschistische Ideologie und für die Europäische Union ausgesprochen. Man habe sich distanziert. Es könne nicht aus jedem Einzelfall einen Casus Belli gemacht werden, so Kompatscher.

Oberkofler hatte gefragt, ob die von der Landesregierung zitierte „Rote Linie“ nach überschritten worden sei. Die Enthüllungen von Fanpage zeigten eine Partei, die Personen, die sich stolz selbst als Faschisten bezeichneten, nicht nur in den eigenen Reihen toleriere, sondern ihnen auch Führungspositionen übertrage, so Oberkofler im Landtag. Der Landtagsabgeordnete wollte wissen, ob sich die Landesregierung davon distanziere.

Landesrat Marco Galateo unterstrich seinerseits, dass sich auch Regierungschefin Meloni bereits distanziert habe, und zitierte sie mit den Worten: „Wer rassistische, antisemitische und nostalgische Gefühle hegt, ist im falschen Haus.“

dpa/apa/ansa/stol

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