Samstag, 26. August 2023

Die Marketing-Maschinerie Trumps läuft

Den meisten Verdächtigen dürfte ihr Polizeifoto eher peinlich sein – nicht so Donald Trump.

Donald Trumps „Mugshot“. - Foto: © APA/afp / -

Nur wenige Stunden nach seiner erkennungsdienstlichen Behandlung in einem Gefängnis in Atlanta wirft der ehemalige US-Präsident die Marketing-Maschinerie an: T-Shirts, Becher, Aufkleber – alle mit dem Polizeifoto des grimmig dreinblickenden 77-Jährigen und dem Spruch „Niemals aufgeben“ („never surrender“). Schließlich will der Rechtspopulist 2024 wieder ins Weiße Haus einziehen.

Das Foto des wegen Wahlbeeinflussung angeklagten Ex-Präsidenten passt hervorragend in sein Narrativ einer „Hexenjagd“ gegen ihn. So heißt es auch reißerisch in den vom Trump-Team umgehend verschickten Spendeneinwerbe-Mails: „Dieses Polizeifoto wird für immer als Symbol für Amerikas Widerstand gegen die Tyrannei in die Geschichte eingehen“ – einschließlich der Aufforderung an die Unterstützer, 47 Dollar (43,50 Euro) für ein T-Shirt mit dem Bild zu zahlen.

Das Foto könne ein „extrem mächtiges“ Marken-Werkzeug für Trump werden, sagt der New Yorker Marketing-Guru Daniel Binns. „Als Vermarkter ist das sein Genie – dass er alles, was gesagt oder ihm vorgeworfen wird, oder was auch immer an Bildern kreiert wird, in etwas verwandeln kann, das für die Geschichte steht, die er erzählen will“, sagt der Geschäftsführer der Marketingberatung Interbrand North America der Nachrichtenagentur AFP.

Trumps „politisches Markenzeichen



Binns vergleicht es sogar mit dem „Hope“-Plakat aus der erfolgreichen Präsidentschaftskampagne des Demokraten Barack Obama 2008. „Es könnte in Bezug auf das, wofür es steht, nicht unterschiedlicher sein, aber das war eine ebenso ikonische Bildsprache“, sagt Binns.
Der Millionenerbe Trump vermarktete seinen Namen schon lange bevor er in die Politik ging. Auf Wolkenkratzern, Hotels, Golfplätzen oder Eislaufbahnen prangte sein Name in großen, meist goldenen Lettern.

Damit habe er das Bild des erfolgreichen Immobilienmoguls und Reality-TV-Stars bedient, sagt Binns. Die Vermarktung seines Polizeifotos werde Trump auf kurze Sicht sicher helfen. Die Mischung aus Wut und Trotz sei „eine Art politisches Markenzeichen – aber die Marke Trump steht insgesamt nicht dafür“.

So oder so ist das Foto von Trump, auf dem er wie so oft einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte trägt und finster in die Kamera blickt, nun wohl der berühmteste „mug shot“ (mug bedeutet umgangssprachlich Fresse/Visage oder Ganove, als Verb jemanden überfallen und berauben) eines Prominenten. Auch seine Rückkehr nach langer Sperre auf das Onlinenetzwerk X (vormals Twitter) bestritt er mit diesem Foto und den Slogans „Niemals aufgeben“ und „Wahlbeeinflussung“.

Auch Trumps Unterstützer griffen den „mug shot“ auf. Die republikanische Rechtsaußen-Abgeordnete Marjorie Taylor Greene postete das Polizeifoto mit dem Hinweis: „Das ist das Foto, das die Präsidentenwahl 2024 gewinnen wird.“

Trumps Gegner sehen das naturgemäß anders: „Niemand steht über dem Gesetz“, schrieben die Demokraten im Justizausschuss des Repräsentantenhauses zu dem Foto auf X. Trumps Nachfolger und Rivale bei der Präsidentenwahl 2024 reagierte mit Spott. Er habe das Bild gesehen, sagte US-Präsident Joe Biden auf Nachfrage und fügte lächelnd hinzu: „Hübscher Kerl.“

apa/afp

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