Samstag, 2. Dezember 2023

Die kaum sichtbare und unaufhaltsame Reform der Kirche

Was hatten sie sich erwartet, diese 250 Frauen und Männer, die vor 10 Jahren zum Auftakt der Diözesansynode zusammenkamen? Dass danach eine rundum renovierte Kirche mit hoch attraktivem Programm in der Südtiroler Landschaft steht und die Leute durchs Portal regelrecht hineindrängen? 2 Jahre und 8 Versammlungen später legte die Synode im Dezember 2015 ihre 12 Visionen vor – von dem, was an Südtirols Kirche umgebaut werden soll. Nachzulesen übrigens im Ergebnis-Buch, einem Wälzer von 576 Seiten.

„Von der Synode 2013 bis 2015 bleiben also einige erneuerte Mauerstellen, eher an der Außenfassade“, schreibt Martin Lercher in seinem Kommentar.

Einiges von diesen Bauplänen ist umgesetzt, es gibt neue Mauerteile in Südtirols Kirche. Die Anhebung des Firmalters etwa, eine Reform der Kurie mit Zusammenlegung von Ämtern, auch Frauen in leitenden Positionen oder der recht schüchterne Arbeitskreis für den Umgang mit homosexuellen Menschen.

Vieles ist freilich nur gedruckt, aber nicht getan. Etwa der Fonds für die Besoldung von Laien, die beruflich in der Seelsorge arbeiten. Und dann steht die Empfangsbestätigung für das „Paket“ nach Rom noch aus. Die Synode hatte Forderungen wie Freistellung des Zölibats und Weihe für Frauen in die Zentrale der Weltkirche geschickt. Papier fürs vatikanische Archiv?

Von der Synode 2013 bis 2015 bleiben also einige erneuerte Mauerstellen, eher an der Außenfassade. Dass drinnen neue Lichter angehen, die Musik spielt und die Kirche wieder Leute hineinzieht, das ist nicht der Fall. Auch bei uns bleibt immer mehr Platz in den Bankreihen und die kirchlichen Glocken werden in der gesellschaftlichen Debatte kaum noch gehört.

Im Grunde läuft die Reform der Kirche weiter – ein Umbau, bei dem auch die Chefetage nicht verschont wird. Diese Reform orientiert sich nicht an Zahlen, Zielen und Erfolgen
Martin Lercher, „Dolomiten“-Chef-vom-Dienst


Würde für die Mitgliedschaft bei der Glaubensgemeinschaft – wie in Österreich oder Deutschland – monatlich Geld vom Gehalt abgezogen, gäbe es auch bei uns beachtliche Austrittszahlen. So kostet es bis auf die Münzen für Klingelbeutel und manche Spende praktisch nix, und irgendwie dabei zu sein, kann ja nicht schaden – bei Taufe und Begräbnis bietet die Kirche dann doch was Besonderes. Wenn es um Beginn und Ende, Einschnitte und Sinn des Lebens geht, ist sie eine gute Anlaufstelle, mit kräftigen Riten.

Es ist aber so sicher wie das Amen im Gebet, dass dieser seelische „Service“ über die bisherige Straße mit Priestern und Pfarrei ans Ende kommt. Je schneller hier Frauen und Männer als starkes Fundament der Kirche wahrgenommen, eingesetzt und geschätzt werden, umso besser.

Im Grunde läuft also eine Reform der Kirche. Die Kirchenleitung wird sie nicht aufhalten und eine Synode im besten Fall etwas beschleunigen können. Diese Kirche der Zukunft wächst in Menschen, die entdecken, wie brennend aktuell und heilend die christliche Botschaft ist, sie wächst in Familien und kleinen Gruppen. Es ist nicht das erste Mal in der Kirchengeschichte, dass eine Reform von unten heranrollt, selbst wenn „oben“ der Blick noch eine Weile vom Weihrauch vernebelt ist.

martin.lercher@athesia.it

ler

Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden