Donnerstag, 11. Januar 2024

China warnt Taiwanesen vor Wahl Lais zum Präsidenten

Vor der Präsidentschaftswahl in Taiwan hat China einen möglichen Sieg des favorisierten Kandidaten Lai Ching-te als „ernsthafte Gefahr“ bezeichnet. Die chinesische Taiwan-Behörde erklärte am Donnerstag, der Kandidat der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) schüre „Konflikte“ mit Festlandchina. Man hoffe, dass die Taiwanesen sehen, dass dies eine „ernsthafte Gefahr“ darstelle und dass die „Unabhängigkeitshaltung“ der DPP „extremen Schaden“ mit sich bringe.

Lai möchte die chinesische Fürhung nicht als Wahlsieger sehen. - Foto: © APA/AFP / YASUYOSHI CHIBA

Sollte der derzeitige Vizepräsident Lai die Präsidentschaftswahl am Samstag gewinnen, werde er „separatistische Aktivitäten“ für eine Unabhängigkeit Taiwans vorantreiben, erklärte die Taiwan-Behörde weiter. Dies würde zu „Turbulenzen in der Taiwanstraße“ führen, wie die Meerenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland genannt wird.

Der taiwanesische Außenminister Joseph Wu kritisierte China für seine „wiederholte Einmischung“ in die bevorstehenden Wahlen. „Ehrlich gesagt, sollte Peking aufhören, sich in die Wahlen anderer Länder einzumischen und ihre eigenen abhalten“, schrieb Wu in einem Beitrag auf der Online-Plattform X.

Bei der Präsidentschaftswahl darf Amtsinhaberin Tsai Ing-wen nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Ihre DPP, die für eine Unabhängigkeit Taiwans von China eintritt, schickt den bisherigen Vize Lai ins Rennen. Die oppositionelle Kuomintang (KMT) und ihr Spitzenkandidat Hou Yu-ih sprechen sich hingegen eher für eine Annäherung an China aus.

„Wiedervereinigung“ mit China kein Thema

Hou betonte aber am Donnerstag, er sei nicht „Pro-China“ und werde Taiwan nicht an Peking ausliefern. „Taiwan ist ein demokratisches und freies Land“, sagte er zu ausländischen Journalisten. Eine „Wiedervereinigung“ mit China sei kein Thema, vielmehr solle der „Status quo“ bewahrt bleiben. Außerdem wolle er die „militärische Kooperation“ mit dem Verbündeten USA weiter ausbauen und mehr Rüstungsgüter kaufen. Peking fordert, Washington müsse die Bewaffnung Taiwans stoppen.

Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll - notfalls mit militärischer Gewalt. Der Ausgang der Wahl gilt als entscheidend für das künftige Verhältnis zwischen Taipeh und dem zunehmend aggressiv auftretenden Peking und wird daher international mit Spannung erwartet.

USA wollen „inoffizielle Delegation“ nach Taiwan schicken

Die US-Regierung kündigte unterdessen an, nach der Präsidentschaftswahl eine „inoffizielle Delegation“ nach Taiwan zu entsenden. Ein solches Vorgehen sei schon in den vergangenen 20 Jahren üblich gewesen, sagte eine US-Regierungsvertreterin am Mittwoch. Solche Delegationen mit früheren Regierungsvertretern würden sicherstellen, „dass wir klar mit dem gewählten Präsidenten, aber auch den anderen Kandidaten über die Bedeutung einer starken, inoffiziellen Partnerschaft kommunizieren“.

Dabei gehe es auch um die Ein-China-Politik und um die Frage, was sie umfasse und was nicht, sagte die Regierungsvertreterin weiter. Solche Kontakte würden zu „Frieden und Stabilität“ beitragen.

Der Konter Pekings gegen diese Ankündigungen fiel folgendermaßen aus: Die US-Seite sollte jegliche Einmischung in die Wahlen unterlassen, sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, am Donnerstag. Taiwan sei ein unabdingbarer Teil Chinas, und die USA sollten ihren offiziellen Austausch mit Taiwan beenden.

Die USA erkennen im Zuge der Ein-China-Politik die Regierung in Peking als Vertreterin Chinas offiziell an. Die Führung in Peking hat in den vergangenen Jahren immer wieder wütend auf Besuche von US-Politikern in Taiwan reagiert.

Möglichen Militärangriff mit Abschreckung vorbeugen

Hou will einem möglichen Militärangriff Pekings mit Abschreckung vorbeugen. Die Verteidigungsrüstung müsse weiter verbessert werden, um China am Lostreten eines Krieges zu hindern, sagte er am Donnerstag in Taipeh. „Wenn China einen Krieg beginnt, werde es den Preis dafür nicht bezahlen können“, sagte der 66-Jährige.

Die wachsenden militärischen Spannungen in der Meerenge zwischen Taiwan und China seien für die Insel mit mehr als 23 Millionen Einwohnern eine der größten Herausforderungen. Fast täglich lässt China Kampfjets in Taiwans Luftverteidigungszone fliegen. Rund 19,5 Millionen taiwanesische Staatsbürger im In- und Ausland sind am Samstag aufgerufen, einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament zu wählen.

Der Konflikt um Taiwan geht auf den Bürgerkrieg in China zurück: Nach der Niederlage gegen die Kommunisten flüchtete die nationalchinesische Regierung damals mit ihren Truppen nach Taiwan. Die Insel wurde seither eigenständig regiert, während in Peking 1949 die kommunistische Volksrepublik ausgerufen wurde. Mit Hinweis auf die „Ein-China-Doktrin“ lehnt Peking offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh strikt ab. Wegen des Drucks aus Peking erkennen nur wenige, meist kleinere Staaten die Inselrepublik diplomatisch an.

Die USA nahmen 1979 Beziehungen zur Volksrepublik auf und brachen damit in gleichzeitiger Anerkennung der Ein-China-Politik Pekings die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan offiziell ab. Washington verpflichtete sich jedoch weiter zu Waffenlieferungen an Taipeh und garantiert die Sicherheit der Insel auf Basis des „Taiwan Relations Act“, sollte die Zukunft Taiwans anders als mit friedlichen Mitteln bestimmt werden.

apa

Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden