Sonntag, 7. Januar 2024

Martin Perkmann: „Zwischen Rampenlicht und Schattenseiten“

Er war auf dem besten Weg, ein gefeierter Popstar zu werden – bis zu dem Moment, an dem er sich dagegen entschied. Der Bozner Martin Perkmann erreichte 2002 unter großem Applaus das Finale der österreichischen TV-Castingshow „Starmania“ und war von einem Tag auf den anderen Südtirols größte Musikhoffnung – dann stieg er freiwillig aus der Castingshow aus. Was macht das mit einem, wenn man plötzlich im Rampenlicht steht? Was spielt sich hinter den Kulissen einer solchen Show ab? Antworten auf diese Fragen liefert das Musical „Sternmanie – ein Musical zwischen Rampenlicht und Schattenseiten“. STOL hat Autor und Hauptdarsteller Martin Perkmann vor der Premiere zum Interview getroffen.

Bei „Sternmanie – ein Musical zwischen Rampenlicht und Schattenseiten“ steht Martin Perkmann gemeinsam mit Brigitte Knapp auf der Bühne. - Video: stol

Von:
Philipp Trojer
STOL: Herr Perkmann, Sie bringen ein Musical der etwas anderen Art auf die Bühne...
Martin Perkmann: Musicals kennt man normalerweise von der großen Bühne: bunt, schrill, laut, mit vielen verschiedenen Darstellern. Unsere Produktion ist das Gegenteil davon. Auf der Bühne stehen nur 2 Schauspieler: Ich spiele mich selbst und Brigitte Knapp übernimmt alle anderen 15 Rollen. Manchmal spielt sie mehrere Charaktere in einer Szene – inklusive Umziehen. Außerdem habe ich die Musik speziell für dieses Musical geschrieben, was nicht immer der Fall ist. Im Mittelpunkt steht eine sehr intime autobiografische Geschichte. Sie erzählt von meiner Zeit bei Starmania – etwas, das wirklich passiert ist und zu dem vielleicht viele Südtiroler einen persönlichen Bezug herstellen können, weil sie meine Auftritte im Fernsehen verfolgt haben oder vielleicht sogar für mich in der Sendung angerufen haben. Es ist ein besonderes Format im kleinen Rahmen. Am Anfang konnte ich mir kaum vorstellen, was auf der Bühne alles passieren kann.

STOL: Ihre Zeit bei Starmania war 2002 – 24 Jahre später tauchen Sie wieder in diesen Lebensabschnitt ein. Wie kam es dazu?
Perkmann: Vor 20 Jahren habe ich bei einer Musicalproduktion im Stadttheater Gries mitgewirkt. Wir haben damals Romeo und Julia gespielt, ich habe die Musik dazu geschrieben. Da wusste ich: Eigentlich kann ich das. Musikalisch waren Musicals schon immer mein „safe place“ und eine große Leidenschaft. Der Gedanke, selbst ein Musical zu schreiben, hat mich also schon sehr lange begleitet und begeistert, nur war mir der Aufwand zu groß und ich wusste nicht, welche Geschichte ich erzählen sollte. Im Musicalfilm „Tick, Tick...Boom!“ hat dann eine ganz bestimmte Textzeile den Funken bei mir überspringen lassen: Im Film sagt die Agentin zur Hauptfigur (die an einem Musical arbeitet): „Es funktioniert nur, wenn du über etwas schreibst, das du selbst kennst“. Meine Starmania-Geschichte erzähle ich schon mein halbes Leben lang. Früher jeden Tag, heute nur noch jeden zweiten. Da habe ich gemerkt: Das ist eine Geschichte, die vielleicht einige Leute interessiert, bei der es noch ein paar offene Fragen gibt und die es wert ist, dass ich sie auf die Bühne bringe. Also wollte ich es versuchen.

STOL: 2002 wurde die erste Staffel von Starmania ausgestrahlt. Was hat Sie damals motiviert, den Schritt ins Fernsehen zu wagen?
Perkmann: Der Schlagzeuger meiner damaligen Band „Nevermind“ hat von diesem neuen TV-Format erfahren und mich überzeugt, dass ich unbedingt mitmachen sollte. Ich fand das spannend und habe mich ohne große Erwartungen angemeldet. Nach dem Motto: „Mal sehen, wie gut ich wirklich singen kann.“ Doch dann ging mir plötzlich alles zu schnell. Fernsehen hatte damals einen ganz anderen Stellenwert. Alles, was sich hinter der Mattscheibe abspielte, war ein absolutes Mysterium. Es war also ein ganz großes Rampenlicht, in das ich da trat. Für mich war es sehr reizvoll, einen Blick hinter die Kulissen und mitten in diese strahlende Welt zu werfen, das große Unbekannte zu erforschen.

STOL: Was haben Sie bei diesem Blick hinter die Kulissen entdeckt?
Perkmann: Bei solchen Castingshows wird man sehr schnell jemand und steht im Fokus der Öffentlichkeit. Von einem Tag auf den anderen wird man zum Promi, ohne Zeit zu haben, in diese Rolle hineinzuwachsen. Für mich hat sich mein Leben von einem Tag auf den anderen verändert. Mit 21 Jahren hatte ich nicht damit gerechnet. Ich war zum 2. Mal in meinem Leben in Wien und ging über die Mariahilferstraße: Die ganze Straße begann zu tuscheln und sich nach mir umzudrehen. Da habe ich gemerkt: Nein, das bin ich nicht, das will ich eigentlich nicht.

STOL: Wann haben Sie diese Gewissheit gefasst?

Perkmann: Als ich mich angemeldet habe, bin ich davon ausgegangen, dass ich – wenn alles gut läuft – in die Fernsehshows, vielleicht sogar eine Runde weiterkomme. Weiter habe ich nicht gedacht. Im Laufe der Proben für die erste Show habe ich dann langsam gemerkt, dass ich der „heiße Kandidat“ bin, von dem es hieß: „Wenn du so weiter singst, kannst du die Show gewinnen.“ An sich war das natürlich eine schöne Bestätigung meiner Fähigkeiten als Sänger, aber gleichzeitig war es ein Szenario, das ich mir nie vorgestellt hatte, eine Rolle, in der ich mich nicht gesehen hatte.



STOL: Sie haben dann eine radikale Entscheidung getroffen und sind aus der Show ausgestiegen. Wie viel Kraft hat das gekostet?
Perkmann: Ich bin einfach einen Weg gegangen, den die Zuschauer und die Macher der Sendung nicht erwartet haben. Die Erwartungshaltung ist natürlich, dass sich jemand bei der Show anmeldet, mit jeder überstandenen Runde seinem großen Traum näher kommt und am Ende als absolut glücklicher Superstar hervorgeht. Ich habe mich für einen anderen Weg entschieden. Mein Bauchgefühl hat mir im Laufe der 6 Wochen bei Starmania sehr deutlich signalisiert, dass der Ausstieg aus der Show die richtige Entscheidung für mich ist.

STOL: Gibt es eine Reaktion, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Perkmann: Mir ist in Erinnerung geblieben, dass es doch viele Leute gab, die gesagt haben: „Respekt“. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass es einen Hagel von Kritik geben würde. Was bis heute geblieben ist: Immer wieder kommen Leute auf mich zu und fragen, was damals wirklich passiert ist. Das war auch mit ein Grund, meine Geschichte als Musical zu erzählen.

STOL: Gab es Momente, in denen Sie sich gefragt haben, was hätte sein können?
Perkmann: Natürlich. Abgesehen davon, dass ich diese Frage oft von anderen gestellt bekomme, habe ich sie mir natürlich auch selbst gestellt. Wenn ich damals nicht den alternativen Weg gegangen wäre, hätte alles passieren können. Aber es hätte auch nicht viel passieren können. Am Ende wird diese Frage immer offen bleiben.

STOL: Welches Fazit ziehen Sie heute über Ihre Zeit bei Starmania?
Perkmann: Für mich war es ein großes Erlebnis, mit vielen Kurven und Hürden, die ich genommen habe. Dabei habe ich aber auch viel gelernt und spannende und schöne Momente gesammelt. Bis heute hat es mir sicher viele Türen geöffnet.

STOL: Normalerweise schlüpft man für ein Musical in eine andere Rolle, Sie spielen sich selbst. Wie ist das?
Perkmann: Das ist auch eine Besonderheit unseres Stückes, ddie wohl auch nicht so oft vorkommt. Als ich das Musical geschrieben habe, ist mir aufgefallen, dass ein großer Musicalstar vom Brodway seine eigene Geschichte als Ein-Mann-Musical auf die Bühne gebracht hat. Da wusste ich, dass ich meine Geschichte auch so erzählen wollte. Wie es ist, mich selbst zu spielen, kann ich noch nicht sagen, weil die Reaktionen des Publikums noch fehlen. Das soll sich mit der Premiere am kommenden Freitag ändern. Bisher habe ich meine Geschichte nur mit meinem Team geteilt, aber es gibt einige sehr intime Momente, von denen ich noch nicht sagen kann, wie es sein wird, sie vor Publikum zu spielen.

STOL: Warum wollen Sie diese Momente mit einem Publikum teilen?

Perkmann: In Musik und Bildern kann ich Gefühle gut ausdrücken, viel besser als in Worten. Deshalb ist Musik für mich die richtige Form, um Menschen von etwas zu erzählen, das ich kenne, das mein Leben geprägt hat und das echt ist. Echte Momente sind etwas Wertvolles – im Theater ist das besonders spürbar. Dort können wir etwas erleben, was wir in unserer digitalisierten Welt nicht mehr oft finden. Man setzt sich 90 Minuten in den Sessel, schaltet das Handy aus und schaut sich an, was die Menschen vor einem auf der Bühne in diesem Moment nicht reproduzierbar spielen. Wenn das dann noch eine Geschichte ist, zu der viele Zuschauer vielleicht einen persönlichen Bezug haben, dann hat das das Potenzial, etwas wirklich Besonderes zu sein, für das sich die Arbeit gelohnt hat.

Aufführungstermine: Fr 12., Sa 13., Mi 17., Do 18., Fr 19., Mi 24., Do 25., Fr 26. und Sa 27. Jänner 2024. Beginn ist jeweils um 20 Uhr in der Carambolage in Bozen.

Auf der Bühne agieren Martin Perkmann (als er selbst), die Schauspielerin Brigitte Knapp (als alle anderen) und Gitarrist Chris Kaufmann (als Live-Musiker). Regie: Christian Mair.

pho

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