Donnerstag, 1. Juni 2023

Nach Rafting-Tod von Schülerin: Wer haftet, wenn beim Ausflug was passiert?

In Kalabrien ist eine Schülerin bei einem Rafting-Ausflug ertrunken. Für die vielen Lehrer, die dieser Tage auch in Südtirol Klassen zu Maiausflügen begleiten, ein neuer Anlass, sich zu fragen: Wer haftet? Schulgewerkschafterin Petra Nock weiß, einigen wird die Verantwortung zu groß – „sie weigern sich inzwischen kategorisch mitzugehen, besonders bei mehrtägigen Reisen“.

Ein falscher Schritt – schon ist es passiert: Derzeit sind auch in Südtirol viele Klassen auf verspätetem Maiausflug. Für die Lehrer ist es oft ein Anlass für einige Anspannung. Sie fragen sich: Würde ich haften? - Foto: © shutterstock

Von:
Katrin Niedermair
Es ist der Albtraum – für Schüler, für Eltern und für Lehrer: Wenn bei einem Ausflug jemand verletzt wird; wie jüngst bei Cosenza geschehen: Die 19-jährige Denise Galatá ist während eines Schulausflugs beim Rafting ertrunken.

„Rafting ist bestimmt kein alltäglicher Sport für Ausflüge“, sagt Schulgewerkschafterin Petra Nock. „Solche Aktivitäten werden im Vorfeld mit Schülern und Eltern genau besprochen.“

Natürlich gehört es zum Berufsbild des Lehrers, mit auf Ausflüge zu gehen. Der Vertrag verpflichtet aber nicht dazu. Trotzdem gehen die meisten Lehrer mit.
Petra Nock, ASGB-Schule


Bei der rechtlichen Aufarbeitung eines solchen Unfalls gehe es in erster Linie darum zu klären, wo die Verantwortlichkeiten liegen. „Gibt es eine Agentur, einen externen Anbieter, der die Sicherheit garantieren muss?“, schildert Nock. „Sollte die Schule zur Verantwortung gezogen werden, wird intern überprüft, ob der Lehrer seine Pflichten – etwa die Aufsichtspflicht – erfüllt hat oder nicht…“

Lehrer müssen selbst eine Haftpflichtversicherung abschließen

Grundsätzlich seien die Lehrpersonen ab dem Moment, in dem die Schüler die Schule betreten, verantwortlich – das gelte auch für Ausflüge. „Die Lehrer müssen selbst eine Haftpflichtversicherung abschließen. Die Gewerkschaften bieten eine solche mit der Mitgliedschaft auch automatisch an“, erklärt Nock. Diese Versicherung greife auch im Falle grober Fahrlässigkeit.

„Eine solche liegt etwa vor, wenn ein Lehrer sich während des Ausfluges für längere Zeit entfernen würde“, weiß Nock. Es gebe in Italien eine Reihe von Präzedenzfällen. „Fakt ist, dass Lehrer bei der Planung von Ausflügen äußerst umsichtig sein müssen. Die Spielregeln müssen im Vorfeld mit Schülern und Eltern geklärt werden, damit alle Bescheid wissen und man als Lehrer auf der sicheren Seite ist.“

Trotzdem: 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. „Bei mehrtägigen Ausflügen ist es nicht möglich, 24 Stunden auf 24 in jedem Zimmer zu sein“, illustriert Nock. „Die Verantwortung liegt bei der Aufsicht. Aber wenn die Schüler sich regelverletzend verhalten, kann das nicht der Lehrperson angelastet werden.“

Versicherung: 3 Millionen pro Kopf pro Jahr pro Schadensfall

Die Summe, die die Haftpflichtversicherung der Gewerkschaft abdeckt, ist laut Nock „relativ hoch“: 3 Millionen pro Kopf pro Jahr pro Schadensfall. „Wenn etwas passiert, wird zuerst die Schule als verantwortliche Institution vor Gericht gebeten. Ergeht dann ein Urteil, dass die Schule als Institution den Schaden begleichen muss, prüft der Rechnungshof, ob der Schaden der Schule selbst anzulasten ist oder der jeweiligen Lehrperson.“

Für die Lehrer sei dies jedenfalls ein Thema, das immer wieder Anlass zu großer Sorge ist: „In den vergangenen Jahren sind solche Fälle gehäuft aufgetreten. Ich weiß von Lehrern, die sich kategorisch weigern, Klassen zu mehrtägigen Ausflügen zu begleiten. Sie fühlen sich der Verantwortung nicht gewachsen, weil immer wieder Problematisches passiert.“

Aber darf man sich als Lehrer einfach so verweigern? „Natürlich gehört es zum Berufsbild, mit auf Ausflüge zu gehen“, sagt Nock. „Die meisten Lehrer gehen mit. Der Vertrag verpflichtet aber nicht dazu.“

kn

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