Mittwoch, 16. Oktober 2024

Der lange Kampf der Frauen für mehr Rechte

Die Geschichtswissenschaft war lange Zeit von Männern dominiert, sie „machten“ Geschichte. „Wir wollen den Blick auf die Frauen in der Vergangenheit lenken und ihr Engagement aufzeigen“, sagt Historikerin Chiara Paris. Im Rahmen einer Tagung sprach sie am Dienstag an der Eurac über Frauenbewegungen in Südtirol.

„Themen wie Abtreibung, bessere Arbeitsbedingungen oder Aufklärungsarbeit sind bis heute aktuell“, Historikerin Chiara Paris. - Foto: © Eurac Research/Annelie Bortolotti

Wann sich Frauen hierzulande erstmals zusammengeschlossen haben, um gemeinsam etwas zu bewegen, ist historisch kaum nachprüfbar. „Die Recherche ist schwierig, man muss sich durch Archive kämpfen, weil wenig über Frauen geschrieben wurde“, weiß Paris. Erste Frauenversammlungen sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts dokumentiert – als Südtirol noch ein Teil des habsburgischen Kronlandes Tirol war.

Frauen forderten das Wahlrecht für sich ein, sie trafen sich hauptsächlich in Meran, Bozen und Franzensfeste. Wer waren diese engagierten Frauen? „Das waren sozialdemokratisch orientierte und bürgerliche Frauen, es wurden aber auch katholische Frauenvereine, gegründet“, erklärt Paris.

1946, nach dem Zweiten Weltkrieg, konnten Frauen erstmals an politischen Wahlen teilnehmen. In den 1960er und 1970er Jahren entstand die zweite Welle der Frauenbewegung. „Frauen, die in italienischen Großstädten studiert hatten, kehrten nach Südtirol zurück und begannen sich in Gruppen zu organisieren“, erzählt Paris. Sie setzten sich für die Abtreibung, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Kinderbetreuung und Aufklärungsarbeit ein. Themen, die heute nach wie vor aktuell sind.

Erstmals Frauen im Landtag

Nichtsdestotrotz hat es in den vergangenen Jahrzehnten einige Fortschritte gegeben: „1964 wurden mit Waltraud Gebert Deeg und Lidia Menapace erstmals 2 Frauen in den Südtiroler Landtag gewählt“, berichtet die Historikerin. 1966 beauftragte der damalige Landeshauptmann Silvius Magnago Waltraud Gebert Deeg damit, in der Südtiroler Volkspartei (SVP) eine Frauenbewegung zu gründen,1972 fand die erste SVP-Landesfrauenversammlung statt.

Ein Jahr später wurde die Frauenberatungsstelle AIED gegründet. „Dort wurde ein Raum geschaffen, wo Frauen miteinander über ihre Schwierigkeiten sprechen konnten. Auch zu Schwangerschaftsabbrüchen wurde man beraten.“ Italienerinnen und deutschsprachige Südtirolerinnen kämpften gemeinsam für ihre Rechte, es gab keine Trennung nach Sprachgruppen.

Gleichstellung aller Geschlechter

Heute spricht man laut der Historikerin nicht mehr von Frauenbewegungen, sondern von Bewegungen, die sich für die Gleichstellung aller Geschlechter einsetzen. „Die Art und Weise, wie Frauen sich heute zusammenschließen, hat sich verändert“, erklärt Paris. Waren es früher Briefe und Plakate, sind es heute Facebook-Gruppen, über die sich Frauen finden, um sich für mehr Rechte einzusetzen.

tek

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