Sonntag, 4. August 2024

Albtraum Alpentransit

„Euregio, Gesamttiroler Zusammenhalt? Für Sonntagsreden reicht´s grad, beim Verkehr ist dann spätestens Schluss.“ Ein Kommentar von „Dolomiten“-Redakteur Rainer Hilpold.

In der Hauptreisezeit ist besonders viel Leidensfähigkeit vom (vornehmlich deutschen) Gast gefragt beim Ansteuern des Ortes der Urlaubsträume.

Oh, wie schön ist Südtirol“ – anders ist es nicht zu erklären, dass jährlich Millionen von Touristen zu uns kommen, obwohl wir mitunter schwer erreichbar sind. Natürlich zieht es nicht jeden, der von Norden kommend in Richtung Brenner fährt, nach Südtirol. Aber doch einen beträchtlichen Teil.

In der Hauptreisezeit ist besonders viel Leidensfähigkeit vom (vornehmlich deutschen) Gast gefragt beim Ansteuern des Ortes der Urlaubsträume. Nicht selten wundert man sich ob der Strapazen, die so mancher auf sich zu nehmen bereit ist. Überspitzt formuliert, könnte man fast zum Schluss kommen: „Je beschwerlicher die Anreise, desto größer die Vorfreude.“

Die Brennerroute, auch ohne Großbaustelle häufig überlastet, droht definitiv zum „Stauparadies“ in den Alpen zu werden.
Rainer Hilpold


2025 dürften aber selbst die Hartgesottensten an ihre Grenzen stoßen. Aus der Geduldsprobe übern Brenner dürfte eine Mutprobe werden. Bekanntlich ist die Luegbrücke auf der A 13 dann nur mehr einspurig befahrbar. Ausnahmen könnte es geben, aber nur an einzelnen Tagen, „um den totalen Kollaps“ zu vermeiden, wie es heißt. Landeshauptmann Arno Kompatscher und Unternehmerverbands-Direktor Josef Negri haben jüngst eindringlich vor „katastrophalen Zuständen“ gewarnt. Die Brennerroute, auch ohne Großbaustelle häufig überlastet, droht dann definitiv zum „Stauparadies“ in den Alpen zu werden.

Und zum Albtraum in Sachen Alpentransit. Für den Schwerverkehr dürfte die Lage noch prekärer werden. Mit einer einspurigen Luegbrücke, einer im Frühjahr gesperrten Reschen-Bundesstraße und sonstigen Verkehrsbeschränkungen vor allem auf Nordtiroler Seite. Vom Vorschlag Südtirols und Bayerns, das Nachtfahrverbot für weniger verschmutzende Lkw vorübergehend aufzuheben, hält das Bundesland Tirol nichts. Ein Einlenken wird es nicht geben: „My way or the highway“, wie der Engländer zu sagen pflegt, wenn er stur sein Ding durchziehen will. Wobei es in diesem Fall eher heißen müsste: „Meine Autobahn, meine Regeln.“

So kann es jedenfalls nicht weitergehen, sonst war´s das mit dem Brenner.
Rainer Hilpold


Euregio, Gesamttiroler Zusammenhalt? Für Sonntagsreden reicht´s grad, beim Verkehr ist dann spätestens Schluss. Dabei lassen sich solch weitreichende „Baustellen“ nur gemeinsam bewältigen. Im Dialog, nicht im einseitigen Handeln unter Ausschluss aller, die die Folgen mitzutragen haben.

Wobei auch südlich des Brenners und in Bayern durchaus kritische Reflexion in Sachen Mobilität gut täte: Eine Klage – wie jene Italiens gegen Österreich – schadet jedem Gesprächsklima und die Lethargie Bayerns in Sachen Zulaufstrecken, ohne die der BBT nicht den gewünschten Effekt erzielen wird, ist unerklärlich. Wer sich so verhält, fördert Retourkutschen.

So kann es jedenfalls nicht weitergehen, sonst war´s das mit dem Brenner als – wirtschaftlicher – „Halsschlagader Europas“ (Heiner Oberrauch). Die „Ader“ ist schon jetzt reichlich verkalkt.

rainer.hilpold@athesia.it

stol

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